Demokratie in Gefahr
Das DemokratieverstĂ€ndnis hierzulande wir nie besonders ausgeprĂ€gt. Wolfgang SchĂŒssel und Sebastian Kurz haben es zudem weiter unterminiert und diesbezĂŒglich weiteren und leider wohl nachhaltigen Schaden angerichtet. Unter dem Titel âDemokratie in Gefahrâ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:
Viele schĂŒttelten letzte Woche unglĂ€ubig den Kopf: Eine GroĂrazzia bei Rechtsextremen in Deutschland, Ăsterreich und Italien förderte zutage, dass es konkrete Putsch-PlĂ€ne gegeben hat. Involviert sind Personen aus der âbesseren Gesellschaftâ, aus Politik, MilitĂ€r und der Polizei. Der deutsche Verfassungsschutz spricht von einer sehr realen Gefahr und mehreren zehntausend Menschen, die in organisierter Form der âSzeneâ angehören. Verwiesen wird auch auf enge Verbindungen nach Ăsterreich.
Leute wie die Möchtegern-Putschisten sind eine Gefahr. Die noch gröĂere Gefahr aber ist eine schleichende Entwicklung, von der bereits die âMitte der Gesellschaftâ erfasst ist. Auch dort machen sich inzwischen autoritĂ€res Denken und eine allmĂ€hliche Abkehr von demokratischen Werten breit.
âSkandalrepublikâ
Als Ursache dieser Entwicklung auf âIbizaâ, Korruption, die unsĂ€glichen Chat-Protokolle oder die vielen anderen Skandale zu verweisen, greift zu kurz. Wie Viktor OrbĂĄn, der âTrumpismusâ in den USA und andere national-populistische Bewegungen belegen, handelt es sich um kein rein österreichisches, sondern um ein weit verbreitetes PhĂ€nomen. Aber es gibt heimische âSpezifikaâ.
Bei uns waren es politische Provokateure wie Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache, die antiliberales Denken mehrheitsfĂ€hig gemacht haben und mit der Schaffung von Feindbildern erfolgreich waren. Wolfgang SchĂŒssel und Sebastian Kurz, sein nachgeborener und inzwischen ehemaliger Superstar, haben dieses Denken durch ihre Mesalliancen mit der FPĂ politisch salonfĂ€hig gemacht. Heute will die ĂVP sogar die Menschenrechtskonvention âĂŒberdenkenâ. Das alles hat das Vertrauen in unser Wertesystem unterminiert und autoritĂ€res Denken gefördert.
âStarker FĂŒhrerâ
Seit Jahren erhebt das SORA-Institut, wie sich in unserem Land die Einstellung der Menschen zur Demokratie entwickelt. Die letzte Woche prĂ€sentierten Ergebnisse des âĂsterreichischen Demokratie Monitorâ können daher zwar kaum ĂŒberraschen, sind aber dennoch erschreckend: Erstmals wird ein âstarker FĂŒhrer, der sich nicht um Parlament und Wahlen kĂŒmmern mussâ an der Spitze des Staates nicht mehr mehrheitlich abgelehnt. 26 Prozent wĂŒnschen sich diesen âstarken FĂŒhrerâ sogar ausdrĂŒcklich.
Nur noch 34 Prozent glauben zudem, dass unser politisches System gut funktioniert, vor fĂŒnf Jahren waren es mit 64 Prozent fast doppelt so viele. Die Forscherinnen und Forscher des SORA-Instituts halten daher in der gebotenen Deutlichkeit fest: âDie Demokratie erlebt eine Vertrauenskrise und ist ernsthaft bedroht.â
Rechten GewalttĂ€tern und GefĂ€hrdern der Demokratie kann und muss der Staat mit polizeilichen Mitteln entgegentreten. Aber das schleichende Gift des autoritĂ€ren Denkens aus den Köpfen eines immer gröĂer werdenden Teils unserer Gesellschaft zu bekommen, ist wesentlich schwieriger. Da ist neben dem Staat vor allem die Zivilgesellschaft gefordert.