Kickls Facebook-Seite: Hetze und Parteiwerbung auf Staatskosten?
Herbert Kickl hat als neuer Innenminister den Schritt in die sozialen Medien getan und am 19. Dezember eine Facebook-Seite online gestellt. Das alleine wÀre wenig bemerkenswert. Ein genauerer Blick darauf eröffnet jedoch Erstaunliches: Der Minister betreibt unverhohlene Parteiwerbung, und seine Seite ist ein Fundus an Hass- und Hetzkommentaren.
Offizielle Seite â Parteiwerbung*
Herbert Kickl steht als Minister im Dienst der Republik. Die Mitglieder seines Kabinetts ebenfalls. Einem Minister mĂŒsste klar sein, dass er und sein Team in ihren staatlichen Funktionen Parteiwerbung zu unterlassen haben. Eigenartig, wenn nun ausgerechnet die offizielle Facebook-Seite des Innenministers, in deren Impressum das Kabinett Kickls als Medieninhaber angegeben wird, dazu genĂŒtzt wird, um Werbung fĂŒr die FPĂ zu machen.
Am 5. JĂ€nner teilt Kickls Team ein Posting der FPĂ, in dem mit dem parteieigenen âFPĂ TVâ die gute Stimmung bei der Regierungsklausur in Seggauberg gepriesen wird. Kickls Kommentar: âEin toller TV-Bericht mit den besten EindrĂŒcken der gestrigen Regierungsklausur auf Schloss Seggau!â
Um Kickls FB-Seite in die GĂ€nge zu bekommen, wird am 6. JĂ€nner ein Gewinnspiel ausgelobt: Wer Kickls Seite likt, könne als Preis beim Neujahrstreffen von âĂsterreichs patriotischer Regierungsparteiâ âam spektakulĂ€ren Einzugâ teilnehmen und âan einem Tisch mit den Spitzenpolitikern der FPĂâ sitzen. Dass den Innenminister Hinweise einzelner User, das Gewinnspiel verstoĂe gegen die GeschĂ€ftsbedingungen von Facebook, nicht kĂŒmmern, ist kurios, dass er aber eine offizielle Seite des Innenministeriums fĂŒr Parteiwerbung missbraucht, ist kein Kavaliersdelikt.
Kommentare: Fake, Hass und Hetze
Bedeutend schwerer als die nicht zulĂ€ssige Parteiwerbung wiegt jedoch, dass es dem Minister und seinem Team offenbar nicht gelingt, zwischen einer Seite des Innenministeriums und den parteieigenen bzw. parteinahen FPĂ-Seiten zu unterscheiden: Wer in die Kommentare auf Kickls Seite hineinliest, fĂŒhlt sich unweigerlich in jenes Paralleluniversum blauer WĂ€hlerInnen versetzt, in dem rassistische Hass- und Hetzkommentare und der Ruf nach âLaw and Orderâ zum dominanten Gedankengut gehören. SpĂ€testens hier ist rechtlich zu prĂŒfen, inwieweit etwa die Ausrufung des Kriegsrechts verlangt werden kann, damit âdie Ăsterreicherâ das Problem der âMoslemsâ, die âsich mit uns im heiligen Kriegâ befĂ€nden, âselber in die Hand nehmenâ könnten. Oder wenn indirekt der ORF als âgrĂŒnkommunistischâ angehauchter âSystempropaganda Senderâ mit âsubventionierten Meinungsterroristenâ tituliert wird.
Unwidersprochen bleiben auch lĂ€ngst widerlegte Falschbehauptungen, wie jene, dass seitens der Caritas fĂŒr FlĂŒchtlinge kostenlose Handys zur VerfĂŒgung gestellt wĂŒrden â sogar, wenn UserInnen darauf hinweisen und verlangen, dass einzelnen Darstellungen entgegenzuwirken sei.
Selektive Moderation
An der Seitenmoderation kann es nicht liegen, dass einzelne völlig deplatzierte Kommentare stehen bleiben, denn da wird durchaus eingegriffen. Auf Kickls Seite finden sich unzĂ€hlige Kommentare, die offenbar nur verborgen und nicht endgĂŒltig gelöscht wurden. Diese Kommentare bleiben fĂŒr die VerfasserInnen und deren âFreundeâ sichtbar, die AutorInnen merken also in der Regel nicht, wenn ihre Kommentierungen fĂŒr die breite Allgemeinheit unsichtbar sind. Aber warum bedient sich Kickls Team offenbar sehr gerne dieses Features? Weil die Kommentare nicht ins (partei)politische Weltbild des Innenministers passen? Oder weil sie so schlimm sind, dass sie auf Kickls Seite keinen Platz finden sollten? Im zweiteren Fall wĂ€ren die Kommentare zu löschen, und es wĂ€re gegebenenfalls Strafanzeige zu erstatten.
Wo bleibt der Rechtsstaat?
Es gehört zur Aufgabe eines funktionierenden Rechtsstaats, darauf zu achten, dass sich wenigstens staatliche Institutionen an vorgegebene Spielregeln bzw. Gesetze halten. Hochproblematisch ist, wenn der Innenminister als eines der wichtigsten Aufsichtsorgane der Exekutive, die Regeln selbst bricht. Kickls âAufpasserinâ im Innenministerium, StaatsekretĂ€rin Karoline Edtstadler, sollte nicht zuletzt als Juristin und Menschenrechtsexpertin dem Minister und dessen Kommunikationschef Alexander Höferl schnell vermitteln, dass ein Innenministerium in diesem Staat weder ein verlĂ€ngertes Parteiorgan der FPĂ noch eine Ersatz- oder KomplementĂ€rplattform fĂŒr âunzensuriertâ oder andere Hetz- und Fakeplattformen ist.
Einschreiten sollte auch Justizminister Josef Moser, denn der hatte 2005 in seiner Funktion als RechnungshofprĂ€sident der damaligen ĂVP-BZĂ-Regierung ausgerichtet: âParteipolitische Werbung sei bei Informations- und WerbemaĂnahmen aus Haushaltsmitteln zu unterlassen, der âEindruck einer werbenden Einflussnahme zugunsten einer Parteiâ sollte vermieden werden. Besonders heikel sind nach Ansicht der PrĂŒfer WerbemaĂnahmen âin der engeren Vorwahlzeitâ.â In den kommenden Wochen und Monaten stehen gleich fĂŒnf WahlgĂ€nge an.
*Die Screenshots wurden zwischen dem 7. und 9.1.2018 erstellt.