16. Mai 2022

Wertlose Neutralität?

2022-05-16T09:34:03+02:0016.05.22, 9:34 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , , , |

Der Ukraine-Krieg hat merkwürdige Folgeerscheinungen. Länder wie Finnland oder Schweden wollen von heute auf morgen ihre althergebrachte Neutralität aufgeben und in die NATO eintreten. Und in ganz Europa mutieren traditionell aufrüstungsskeptische Parteien plötzlich zu wildentschlossenen Befürwortern von Waffenlieferungen. Mein Kommentar dazu unter dem Titel „Öl ins Feuer“ in den „Vorarlberger Nachrichten“ hier zum Nachlesen:

Die Situation seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine erinnert fatal an den Sommer 1914. Sozialdemokraten organisierten 1914 in vielen Ländern Massenkundgebungen gegen die Kriegsgefahr. Wenige Wochen später herrschte in ganz Europa euphorische Kriegsbegeisterung − und auch die Sozialdemokraten stimmten Kriegskrediten zu.

Kirchliche Würdenträger aller Konfessionen versicherten ihren Schäfchen in Russland ebenso wie in Deutschland, in Großbritannien nicht anders als bei uns, der Krieg sei „gerecht“ und werde mit Gottes Hilfe gewonnen. Auch in Vorarlberg wurden die Soldaten von einer jubelnden Menge verabschiedet − und fanden sich wenig später im kriegerischen Inferno wieder.

Ähnlich schnell findet der Stimmungswandel derzeit statt und auch die politische Linke vollzieht einen Schwenk: Sogar im aus guten historischen Gründen zurückhaltenden Deutschland überbieten sich derzeit Sozialdemokraten und Grüne mit der Forderung, die Ukraine mitten im Krieg mit schweren Waffen zu unterstützen. Kritische Gegenstimmen haben es schwer, zumal ihnen gerne unterstellt wird, sie forderten die Selbstaufgabe der Ukraine.

Neutralität adé?

Die furchtbaren Bilder aus diesem Krieg lassen bewährte Positionen fast über Nacht ins Wanken geraten. Verantwortungsvolle Politik sollte sich aber nicht von aufgewühlten Gefühlen leiten lassen.

Während in Österreich die Neutralität kaum hinterfragt wird, kündigen anderswo bündnisfreie und neutrale Staaten an, sich der NATO anschließen zu wollen. Finnlands konservativer Präsident Sauli Niinistö und die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Sanna Marin forderten letzten Donnerstag sogar einen „unverzüglichen“ NATO-Beitritt ihres Landes. Meinungsumfragen bestätigen, dass das der in den letzten Wochen dramatisch veränderten Stimmung in ihrem Land entspricht.

Zurückhaltender, aber im Prinzip in dieselbe Richtung entwickelt sich das seit über 100 Jahren neutrale Schweden. In einer am Wochenende veröffentlichten offiziellen Sicherheitsanalyse heißt es, „eine NATO-Mitgliedschaft würde die Schwelle für militärische Konflikte erhöhen“. Immerhin: Die Militärexperten wollten dennoch keine Empfehlung für einen Beitritt abgeben.

Konflikte vorprogrammiert

Finnland argumentiert damit, seine Sicherheit werde durch einen NATO-Beitritt erhöht. Dabei hat das Land doch − ebenso wie Österreich − eine Beistandsgarantie der EU. Warum also die NATO? Und es gibt weitere Fragen: Ist es sinnvoll, eine jahrzehntelange Sicherheitsstruktur nach kaum stattgefundener Diskussion über Bord zu werfen? Gab oder gibt es Anzeichen, dass das Land von Russland bedroht wird?

Am Freitag meldete sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan zu Wort, denn die Türkei als NATO-Mitglied müsste einem Beitritt der beiden Länder ja zustimmen: Schweden und Finnland seien zuletzt ein „Gästehaus für Terrorgruppen“ gewesen. Da könnte sich auch NATO-intern ein neuer Brandherd auftun.


5. Mai 2022

Voksbegehren: bitte teilnehmen!

2022-05-05T11:48:55+02:0005.05.22, 11:42 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Gesellschaft|Tags: , |

Demokratie lebt von der Teilhabe. Bei Wahlen, aber auch zwischendurch – etwa wenn Volksbegehren unterstützt werden können.

Derzeit fallen mir beispielsweise tausend Gründe ein, warum das „Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren“ unbedingt unterstützt werden sollte. Siehe etwa meinen letzten Beitrag über Korruption in der Vorarlberger und der Bundes-ÖVP. Wer dem Link oben folgt, wird ausreichend weitere Gründe finden.

Initiiert wurde dieses Volksbegehren von prominenten Bürgerinnen und Bürger, die sich seit vielen Jahren mit der im Land grassierenden Korruption sowie einer zunehmend fragwürdigen politischen Kultur beschäftigen. Unzählige neue Fälle von schwerwiegendem Korruptionsverdacht bis zu massiven Angriffen auf den Rechtsstaat verpflichten uns, unsere Stimme auch öffentlich zu erheben. Diese Persönlichkeiten wollen nicht länger zusehen und haben daher dieses Rechtsstaat & Anti-Korruptionsvolksbegehren gestartet. Ich habe es natürlich selbst auch unterstützt.

Doch es liegen noch weitere unterstützenswerte Volksbegehren auf: etwa jene zu „Volksbegehren Arbeitslosengeld rauf!“ oder dem „Grundeinkommen“. Insbesondere das Volksbegehren Arbeitslosengeld rauf! ist aus meiner Sicht unterstützenswert. Arbeitslosigkeit ist für die Betroffenen ein schwerer Schicksalsschlag. Derzeit hat man oft den Eindruck, bestimmte Politikerinnen und Politiker bekämpften lieber die Arbeitslosen als die Arbeitslosigkeit. Sie erwecken den Eindruck, arbeitslose Menschen seien oft nur zu faul, um arbeiten zu gehen. Das ist gefährlich und drängt Arbeitslose weiter an den Rand der Gesellschaft. Das Volksbegehren hilft, diesen Eindruck zu korrigieren.

Die Eintragungswoche läuft noch bis zum 9. Mai 2022. Man kann die Volksbegehren in jedem Gemeinde-/Bezirksamt bzw. Magistrat oder online via Handysignatur oder Bürgerkarte unterschreiben.

2. Mai 2022

ÖVP: „Älter waren wir noch nie!“

2022-05-02T10:35:15+02:0002.05.22, 10:00 |Kategorien: Allgemein, Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Ich weiß schon: Am Wochenende hat sich „Die neue Volkspartei“ wieder in „Volkspartei“ umbenannt. Aber der Untertitel hat nach wie vor Gültigkeit: „Älter waren wir noch nie!“

Unter dem fragenden Titel „Vorarlberger Verhältnisse?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar zum desaströsen Bild geschrieben, das insbesondere die Ländle-ÖVP derzeit abgibt. Hier zum Nachlesen:

Die seriösen „Salzburger Nachrichten“ fragen sich in Sachen Korruption: „Vorarlberger Verhältnisse in Niederösterreich?“ Auch aus Kärnten kommt die Warnung vor „Vorarlberger Verhältnissen“. Aus Kärnten, wo noch vor nicht allzu langer Zeit der Skandal um die FPÖ und deren Machenschaften in der Hypo Alpe-Adria fast die ganze Republik in finanzielle Bedrängnis gebracht hat! Und es ist keineswegs der politische Gegner der ÖVP, der diese Warnung süffisant ausspricht: Der Ruf ertönt aus der Kärntner ÖVP und dort wiederum von der Wirtschaftskammer.

Dabei ist es keineswegs nur die Vorarlberger ÖVP, die mit einer Korruptionsaffäre zu kämpfen hat. Dass auf Bundesebene ein eigener parlamentarischer Untersuchungsausschuss notwendig ist, um die Verfehlungen der Bundes-ÖVP, ihrer Teilorganisationen und ihrer führenden Vertreter zu untersuchen, fällt kaum mehr auf.

Kein Korruptionsproblem?

Was meint Bundeskanzler Karl Nehammer also, wenn er verkündet, die ÖVP habe „kein Korruptionsproblem“? Ist es Vergesslichkeit? Zur Erinnerung: 2012 wurde der der frühere Kärntner ÖVP-Obmann Josef Martinz wegen Untreue zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. 2014 wurde der ehemalige ÖVP-Innenminister Ernst Strasser wegen Bestechlichkeit zu drei Jahren Haft verurteilt. In den vielen Verfahren gegen den ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser gibt es inzwischen ein nicht rechtskräftiges Urteil wegen Untreue über acht Jahre Haft. Und weitere Untersuchungen im „Fall Grasser“ sind in Gange.

Aktuell als Beschuldigte geführt werden aus den Reihen der ÖVP der ehemalige Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, Ex-Finanzminister Hartwig Löger, Ermittlungen laufen gegen die ehemalige Bundesparteiobmann-Stellvertreterin Bettina Glatz-Kremsner, den ehemaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter, den mittlerweile suspendierten Sektionschef im Justizministerium Christian Pilnacek.

Und nicht nur politisch Interessierten ist bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auch gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz ermittelt. Die Aufzählung ist noch lange nicht vollständig. Für alle nicht rechtskräftig Verurteilten gilt die Unschuldsvermutung.

Der Verfassungsjurist Heinz Mayer ist Proponent des Antikorruptionsvolksbegehrens, das ab heute in den Gemeindeämtern aufliegt und hoffentlich von vielen unterschrieben wird. Mayer verweist auf inzwischen 20 Spitzenrepräsentanten der ÖVP und weitere der ÖVP zugerechnete Personen aus dem Beamtenbereich, die im Visier der WKStA stehen.

Hat die ÖVP wirklich kein Korruptionsproblem, Herr Bundeskanzler? Und Vorarlberger Verhältnisse? Nein, es handelt sich um ÖVP-Zustände. Im Land ist die Partei seit Kriegsende, im Bund inzwischen seit 46 Jahren ununterbrochen an der Macht und stellte zuletzt meist den Bundeskanzler. Eine Erneuerung fern von den Fleischtöpfen der Macht würde ihr eventuell guttun.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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