21. Juni 2020

„Zur Zeit“: antisemitisch, NS-relativierend, illiberal

2020-06-22T12:23:00+02:0021.06.20, 18:16 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

„Jetzt ist schon wieder was passiert“, könnte man mit einem berĂŒhmt gewordenen Satz des Schriftstellers Wolf Haas sagen. Es geht um die FPÖ-nahe Zeitschrift „Zur Zeit“. Die Plattform „Stoppt die Rechten“ (SdR) hat eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien gegen „Zur Zeit“ eingebracht. Ja einbringen mĂŒssen! Denn was dort zu lesen ist, verschlĂ€gt einem die Sprache.

In einem Online-Kommentar vom Juli 2019 wurden GeflĂŒchtete als „verantwortungslos importierte Bestien“ diffamiert und der deutschen Bundesregierung vorgeworfen, „130 potentielle Vergewaltiger, Kindermörder, DrogenhĂ€ndler etc. von einem Schiff im Mittelmeer aufzunehmen zu wollen“. Der Artikel wurde inzwischen – wohl in Reaktion auf unsere Anzeige – offline genommen. Wir rechnen daher damit, dass es zu einer Anklage kommen wird.

Rechtzeitig zum 10. Geburtstag prĂ€sentiert SdR ein Dossier ĂŒber die rechtsextreme „Zur Zeit“: antisemitisch, NS-relativierend und illiberal (hier als Download).

Auch heute berichtet SdR wieder ĂŒber enge Verflechtungen zwischen FPÖ und der außerparlamentarischen rechtsextremen Szene. Es handelt sich um blaue Likes fĂŒr Wolfgang Fröhlich (oder doch Froehlich?) – eine Kultfigur in der Neonazi-Szene (Blaue Prominenz beim Holocaustleugner).

Angesichts der Entwicklung in der rechten und rechtsextremen Szene ist zu befĂŒrchten, dass es SdR auch in den nĂ€chsten zehn Jahren dringend braucht. Wer das unterstĂŒtzen will und kann (gern auch als Dauerauftrag: Sparkasse Neunkirchen Gloggnitz, IBAN AT 46 2024 1050 0006 4476).

Das wĂ€ren tolle GeburtstagswĂŒnsche, denn wir brauchen jeden Cent!

15. Juni 2020

ÖVP-Financiers und das Finanzamt

2020-06-15T12:06:27+02:0015.06.20, 11:38 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft, Parteien|

Unter dem Titel „Der Fall Pierer“ habe ich in einem Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ verlangt, dass die Großspender der ÖVP und das illegale Vorgehen des Finanzministeriums bei der Suche nach Informanten aus dem Ministerium aufgeklĂ€rt werden muss:

Die Finanzierung der WahlkĂ€mpfe von Sebastian Kurz hat in den letzten Jahren immer wieder fĂŒr Diskussionen gesorgt. Besondere Brisanz erhielt das Thema, als der SPÖ-Abgeordnete Jan Krai­ner 2017 pikante Details aus dem Steuerakt von KTM-Chef Stefan Pierer preisgegeben hat. Denn die Spur fĂŒhrte indirekt zur ÖVP.

Doch der Reihe nach: Krainer hatte aufgedeckt, dass Pierer in den Jahren 2012 und 2013 Einkommensteuern in Höhe von gerade einmal 2779 und 2642 Euro bezahlt hatte. Wie kann das sein? Der Chef eines „Milliarden­unternehmens“ zahlt weniger Steuern als jeder Arbeitnehmer seiner Firma?

Brisanz erhielt der Fall zudem, weil Pierer einer der Großsponsoren von Sebastian Kurz war und der ÖVP allein im Wahljahr 2017 436.000 Euro zukommen hat lassen. Das ließ Spekulationen blĂŒhen. Haben Pierer und die anderen Großspender Gegenleistungen fĂŒr ihre GroßzĂŒgigkeit erhalten? Im Fall Pierer wurde berichtet, dass er im Finanzministerium auf einer „Abschleicherliste“ gefĂŒhrt werde. Er stand somit im Verdacht, vor dem Inkrafttreten eines Steuerabkommens mit Liechtenstein heimlich Geld nach Österreich transferiert und sich so Millionen an Steuern erspart zu haben. Dadurch wurde auch das Interesse an anderen ÖVP-Geldgebern geweckt. Auf der Liste des Finanzamtes sollen insgesamt 19.200 Personen stehen. Es ging um 3,34 Milliarden Euro.

In Tirol hat etwa die aus Tourismusverantwortlichen und Großindustriellen bestehende „Adlerrunde“ zur selben Zeit wie Pierer 1,1 Millionen Euro an die ÖVP gespendet. Sprachrohr dieser Runde ist der Nationalratsabgeordnete Franz Hörl. Der Hotelier ist zuletzt im Zusammenhang mit der Coronakrise unrĂŒhmlich in Erscheinung getreten.

Nach ÜberprĂŒfungen durch das Finanzamt erhielt der Fiskus von den ĂŒber drei Milliarden nur mickrige 66,27 Millionen. Viele Betroffene hatten nĂ€mlich von den Ermittlungen offensichtlich Wind bekommen und gerade noch rechtzeitig dafĂŒr gesorgt, dass die Sache glimpflich fĂŒr sie ausging. Wurden sie gewarnt? War alles legal?

Illegale Suche

Sicher illegal war jedenfalls etwas anderes. Der damaligen Finanzminister Hans Jörg Schelling ließ 2017 nĂ€mlich nicht etwa den Steuerakt Pierer prĂŒfen, sondern brachte eine Anzeige wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ein und nahm damit die Aufdecker ins Visier. Das hauseigene BĂŒro fĂŒr Interne Angelegenheiten wurde damals beauftragt, mittels „Rasterfahndung“ den Informanten Krainers zu finden.

Am Samstag nun berichteten mehrere Medien mit Berufung auf die Datenschutzbehörde darĂŒber, dass das Vorgehen des Finanzministers illegal war. Glauben wegen solcher VorgĂ€nge 58 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, dass Korruption bei uns weit verbreitet ist?

25. Mai 2020

FĂŒr oder gegen Europa?

2020-05-25T10:12:02+02:0025.05.20, 10:12 |Kategorien: Gesellschaft|Tags: , |

Die EU steht am Scheideweg: Geht es weiter als solidarische Gemeinschaft oder geht es nicht mehr weiter? Unter dem Titel „Schrebergarten-MentalitĂ€t?“ habe ich in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ die Haltung der „geizigen Vier“ – die sich selbst „sparsame Vier“ nennen – thematisiert. Gerade das Beispiel USA nach dem Zweiten Weltkrieg (Stichwort „Marshall-Plan“) sollte Sebastian Kurz & Co zu denken geben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg lag Europa in TrĂŒmmern. In vielen Staaten sympathisierte ein Teil der Menschen mit dem sowjetischen Modell, der andere hatte wenig Hoffnung auf ein „Auferstehen aus Ruinen“. Wie sollte es weitergehen?

Da entwickelte der amerikanische Außenminister den nach ihm benannten „Marshallplan“. Es war ein riesiges Konjunkturprogramm. Die USA schickten Lebensmittel, Rohstoffe, Maschinen und Fahrzeuge nach Europa und vergaben zudem Milliarden-Kredite. Österreich bekam sogar Geld geschenkt. Die USA handelten dabei auch (!) eigennĂŒtzig, denn der Einfluss der UdSSR wurde zurĂŒckgedrĂ€ngt, die EuropĂ€er kauften amerikanische Waren und kurbelten so die US-Wirtschaft an.

Merkel-Macron-Plan

Eine Ă€hnliche Idee bewog Angela Merkel und Emanuel Macron zu ihrem Programm fĂŒr den Wiederaufbau nach der Corona-Krise: 500 Milliarden Euro sollen in Form von ZuschĂŒssen zur VerfĂŒgung gestellt werden.

Der Plan hat eine SchwĂ€che, weil er die Klimakrise ignoriert: Das Geld soll an Automobilindustrie, zivile Luftfahrt und Massentourismus gehen. Weiter mit Vollgas auf die Wand zu? Das kann nicht sinnvoll sein. Investitionen mĂŒssen ein Umdenken signalisieren und die Situation fĂŒr ein Comeback des sozialen Gedankens in der Politik und den versprochenen „Green Deal“ nĂŒtzen. Die EU-Kommission fordert daher zurecht bis zu 60 Milliarden Euro fĂŒr emissionsfreie Antriebe sowie weitere Mittel fĂŒr ElektroladesĂ€ulen usw. Das Geld ist dringend nötig. Den reicheren Staaten nördlich der Alpen blieben so zentrale Handelspartner erhalten. Hochverschuldete LĂ€nder hingegen könnten ihre Wirtschaft wieder mit zukunftsweisenden Investitionen in Schwung bringen und somit Staatseinnahmen sichern. Ansonsten droht der wirtschaftliche Kollaps, der schlussendlich alle mit in einen AbwĂ€rtsstrudel ziehen wĂŒrde.

Woche der Wahrheit

Doch was passierte? Bundeskanzler Sebastian Kurz preschte im BĂŒndnis mit Schweden, DĂ€nemark und den Niederlanden (die „geizigen Vier“) vor. Sie fordern „Kredite statt ZuschĂŒsse“ und könnten den Vorschlag noch scheitern lassen. Wie auch Deutschland „zahlen“ sie ja derzeit teilweise Minus-Zinsen – bekommen also bei Kreditaufnahmen Geld geschenkt. Aber Italien, Griechenland oder Spanien? Wie sollen sie weitere Zinsbelastungen stemmen?

Wirtschaftswissenschaftler weisen seit Jahren darauf hin, dass die frĂŒheren HartwĂ€hrungs-LĂ€nder auf Kosten der sĂŒdlichen Staaten vom Euro profitieren und die wirtschaftliche Schere immer weiter auseinandergeht. Hilfe fĂŒr diese LĂ€nder ist angesichts der engen wirtschaftlichen Verflechtungen zum Nutzen aller. Immerhin ist beispielsweise Italien Österreichs zweitwichtigster europĂ€ischer Handelspartner.

Diese Woche geht’s in BrĂŒssel ans Eingemachte. Die EU-Kommission muss ein konsensfĂ€higes Modell prĂ€sentieren. Es ist zu hoffen, dass es zu einem vernĂŒnftigen Kompromiss kommt und die europĂ€ische SolidaritĂ€t Oberhand gewinnt vor einer verhĂ€ngnisvollen Schrebergarten-MentalitĂ€t.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


Zur Seite des Parlaments


Downloads