4. April 2025

Budgetkrise: Wer zahlt die Zeche?

2025-04-04T13:58:15+02:0004.04.25, 13:58 |Kategorien: Arbeit und Wirtschaft|Tags: , , , , , , |

Fast tĂ€glich eine Horrormeldung zur Budgetsituation. Und sogar den Neoliberalen in der ÖVP und bei den Neos ist klar, dass wir nicht nur durch Sparen aus der Misere herauskommen. Doch wo soll der Staat bei der einnahmenseitigen Sanierung ansetzen? Unter dem Titel „Wer zahlt die Zeche?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten diesen Kommentar veröffentlicht:

Der neue Finanzminister ist nicht zu beneiden. Sein VorgĂ€nger hat ihm ein Budget-Desaster hinterlassen. Der Schuldenberg wĂ€chst und natĂŒrlich stellt sich die große Frage: Wer zahlt die Zeche? Wie konsolidiert man ein aus den Fugen geratenes Budget ohne soziale HĂ€rten und kontraproduktives Sparen etwa in den Bereichen Gesundheit oder Bildung? Wie vermeidet man gleichzeitig ein AbwĂŒrgen der ohnehin krĂ€nkelnden Konjunktur?

Einerseits muss gespart werden, andererseits aber braucht die Wirtschaft Impulse – also Ă€hnlich wie derzeit in Deutschland staatliche Investitionen. Das erfordert von allen eine offene Diskussion ohne sturem Festhalten an althergebrachten ideologischen Positionen.

Gefordert sind vor allem die Regierungsparteien, aber auch die Opposition. Leider hört man von allen derzeit nur wenig Konkretes zu diesem Thema. Das globalisierungskritische Netzwerk Attac hingegen hat letzte Woche einen Vorschlag gemacht und weist darauf hin, dass in der gegenwÀrtigen Situation auch von den Reichsten ein fairer Beitrag zur Budget-Sanierung eingefordert werden muss. Attac landet folgerichtig bei Vermögens- und Erbschaftsteuern.

Österreich könne „problemlos“ jĂ€hrlich sieben Milliarden Euro mehr einnehmen, wenn wir die vermögensbezogenen Steuern auf den Durchschnitt (!) der Industrie-Staaten anheben. Denn derzeit ist unser Land ein Steuerparadies fĂŒr Superreiche und sehr Reiche. Wenn man bedenkt, dass sich in den letzten Jahrzehnten das Vermögen der MilliardĂ€re alle sieben Jahre verdoppelt hat, ist ein zusĂ€tzlicher Beitrag in die Staatskasse zumutbar.

Ökonomen weisen darauf hin, dass Vermögensteuern auch wirtschaftspolitisch das richtige Rezept sind. Sie fĂŒhren zu keinem erwĂ€hnenswerten RĂŒckgang des Konsums, eröffnen SpielrĂ€ume fĂŒr Investitionen in Bildung, Pflege sowie Infrastruktur und sichern somit ArbeitsplĂ€tze.

Ein weiterer Aspekt kommt hinzu: Der französische Ökonom Thomas Piketty hat nachgewiesen, dass die Vermögensungleichheit weltweit auf das Niveau der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg gewachsen ist. Das stĂ€rkt rechtsextreme Bewegungen und gefĂ€hrdet die Demokratien. Ein Blick in die USA reicht, aber auch Staaten wie Frankreich, Italien oder Deutschland sind damit konfrontiert. Von Ungarn ganz zu schweigen.

Und Österreich? Auch hierzulande ist die Schere zwischen den wenigen Superreichen und dem Rest der Bevölkerung weit auseinandergegangen. Wir haben sogar die zweitgrĂ¶ĂŸte Vermögenskonzentration in der Eurozone: Der mehrfach ausgezeichnete Ökonom Matthias Schnetzer rechnet vor, dass die reichsten fĂŒnf Prozent etwa 59 Prozent des gesamten Haushaltsvermögens besitzen: rund zwei Billionen Euro. Der Hauptgrund dafĂŒr sind steuerfreie Erbschaften – und nicht die von konservativer Seite immer wieder beschworene Leistungsbereitschaft. Es sollte also klar sein, wo einnahmenseitig anzusetzen ist.

21. MĂ€rz 2025

AufrĂŒsten fĂŒr den Frieden?

2025-03-21T10:00:44+01:0021.03.25, 10:00 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , |

Die Losung „Frieden schaffen ohne Waffen“ war in den 70er- und 80er-Jahren omniprĂ€sent. Sie mag realitĂ€tsfern gewesen sein, aber auch die derzeit in Gang gesetzte und von frĂŒher kritischen Geistern geradezu euphorisch begrĂŒĂŸte AufrĂŒstungsspirale wird die Welt nicht sicherer machen. Dazu einige kritische Anmerkungen von mir in einem Kommentar fĂŒr die Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Allheilmittel AufrĂŒstung?“:

„Wenn du Frieden willst, bereite dich auf den Krieg vor“, lautet ein lateinisches Sprichwort. LĂ€sst sich das bei einem Blick in die Geschichte bestĂ€tigen? Meist hat verstĂ€rkte militĂ€rische AufrĂŒstung die Spannungen zwischen den Staaten verstĂ€rkt. Der jeweilige Nachbarn hat sich bedroht gefĂŒhlt und ebenfalls aufgerĂŒstet. Gegenseitiges Misstrauen aber ist Gift fĂŒr staatliche Beziehungen. AufrĂŒstung ist – um eine passende Metapher zu verwenden – ein zweischneidiges Schwert.

Die Statistik ĂŒber die MilitĂ€rausgaben fĂŒr das Jahr 2023 sieht die USA mit insgesamt 916 Milliarden weit vorne, gefolgt mit riesigem Abstand von China (296 Milliarden) und Russland (109 Milliarden). Russlands Ausgaben sind im Jahr 2024 auf 126 Milliarden hochgeschnellt – liegen aber noch immer meilenweit hinter jenen von China oder gar den USA.

Amerikas aufgeblĂ€hte RĂŒstungsindustrie braucht kaufwillige Kundschaft. „Dealmaker“ Donald Trump fordert daher von seinen europĂ€ischen BĂŒndnispartnern in der NATO gewaltige RĂŒstungsanstrengungen. Die meisten Mitgliedsstaaten in Europa sind bereit dazu. Die EU hat auf einem Sondergipfel Mehrausgaben von 800 Milliarden angekĂŒndigt. Das ist eine deutliche Botschaft, aber noch kein sicherheitspolitisches Konzept. In den meisten Medien wurde allein schon die AnkĂŒndigung trotzdem als Überwindung der „militĂ€rischen Ohnmacht“ Europas gefeiert. 

Doch ist diese Ohnmacht wirklich auf zu geringe MilitĂ€rausgaben der EU-Mitglieder zurĂŒckzufĂŒhren? Immerhin liegen sie zusammengerechnet ja annĂ€hrend in der GrĂ¶ĂŸenordnung Chinas und sind mehr als doppelt so hoch wie jene Russlands. Nach „Ohnmacht“ schaut das nicht aus. Eher nach zu wenig Koordination wegen unterschiedlicher nationaler Interessen.

Eines sollten die Verantwortlich zudem immer im Auge behalten: Ein nachhaltiger Frieden erfordert neben militĂ€rischer StĂ€rke auch gegenseitiges Vertrauen. Das kann nur durch Dialog und Diplomatie geschaffen werden. Wer beispielsweise das Töten in der Ukraine beenden will, muss bereit sein zu verhandeln. Ob das zu einem fĂŒr alle Seiten akzeptablen Ergebnis fĂŒhren kann, ist offen. Verantwortungsvolle Politik aber muss es zumindest versuchen. 

Das derzeitige konzeptlose Drehen an der RĂŒstungsspirale wird von besonnenen Stimmen aus Wissenschaft und Politik kritisch gesehen. Momentan gibt es nĂ€mlich mehr Fragen als Antworten: Wie will die EU kĂŒnftig ihre Sicherheit – auch die Cybersicherheit – gewĂ€hrleisten? Wie will sie sich aus der sicherheitspolitischen AbhĂ€ngigkeit von den USA lösen? Wie sollen die Beziehungen mit Russland ausschauen? 

Auch uns in Österreich sollte klar sein: Wir brauchen mehr und nicht weniger EU. Die europĂ€ische Staatengemeinschaft muss kĂŒnftig zudem nicht nur politisch, sondern auch militĂ€risch deutlicher mit einer Stimme sprechen (können). AufrĂŒsten allein ist zu wenig.

7. MĂ€rz 2025

Verkehrspolitischer Albtraum

2025-03-06T00:19:29+01:0007.03.25, 8:21 |Kategorien: Klima und Umwelt|Tags: |

Verkehrspolitik ist angewandte Klimapolitik. Das ist leider nicht allen Verantwortlichen in Österreich bewusst – oder es ist ihnen egal. Das gilt auch fĂŒr die BundeslĂ€nder, wie das Beispiel der „Tunnelspinne“ in Feldkirch zeigt. Unter dem Titel „Tunnel-Albtraum“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Ein Sprichwort sagt, dass man durch Erfahrung klug werde. Das mag im einen oder anderen Fall stimmen. FĂŒr die Verkehrspolitik hierzulande gilt es nicht. Bestes Beispiel dafĂŒr ist die Tunnelspinne in Feldkirch. Sie ist nicht nur ein Baukostenmonster, sondern auch eine verkehrspolitische Fehlentscheidung.

Ein Blick nach Zell am See wĂ€re fĂŒr die BefĂŒrworter hilfreich gewesen. Dort gab es angesichts der Verkehrsbelastung von tĂ€glich 16.000 Autos vor der Jahrtausendwende eine Ă€hnliche Situation wie in Feldkirch. Zur Entlastung baute man einen Tunnel. Heute klagt der ÖVP-BĂŒrgermeister in der Wiener Zeitung: „Jetzt sind es tĂ€glich 16.000 im Tunnel und 16.000 auf der Straße.“

Wer mehr Straßen baut, erntet mehr Autoverkehr. Wer den öffentlichen Verkehr fördert, erntet mehr öffentlichen Verkehr. Wer mehr Radwege baut … Oder, um es mit UniversitĂ€tsprofessor Markus Mailer aus Innsbruck wissenschaftlich auszudrĂŒcken: „Infrastrukturprojekte steigern die Nachfrage.“ Mailer leitet den Bereich „Intelligente Verkehrssysteme“. Vielleicht sollten ihm Wallner und Bitsche einen Besuch abstatten. Oder nach Zell am See fahren.

Politisch Verantwortliche denken leider meist nur in Wahlperioden und blenden Langzeitwirkungen ihrer Entscheidungen gerne aus, denn mit denen haben ja nachfolgende Generationen zu kÀmpfen. Die Bevölkerung hat oft mehr Verantwortungsbewusstsein. Etwa in der Schweizer Gemeinde Zug, wo zwar die Verantwortlichen auf Verkehrsprobleme Àhnlich reagieren wie hierzulande, die Bevölkerung ein Tunnelprojekt in den letzten zehn Jahren aber gleich viermal abgelehnt hat. 

Das Projekt in Zug hat wie ein weiteres in Rapperswil-Jona Ă€hnliche Dimensionen wie die Tunnelspinne. Dort kalkuliert man mit rund einer Milliarde an Baukosten. In Feldkirch waren es beim Letzetunnel ursprĂŒnglich nur knapp 60 Millionen, heute reden die Verantwortlichen von 385 Millionen Euro. Nicht nur wegen der Vergleichbarkeit mit den Projekte in der Schweiz glaubt diese Summe kaum jemand. 

Zudem muss die Landesregierung schon jetzt mit einem Sparpaket – etwa im Sozialbereich – auf die Budgetmisere reagieren: Weniger Angebote fĂŒr Menschen mit BeeintrĂ€chtigung, reduzierte Therapieangebote fĂŒr Kinder, weitere Selbstbehalte und lĂ€ngere Wartelisten sind die Folge. Allein bei Kinderdiensten, Sozialpsychiatrischen Diensten und Neuro-Rehabilitation sollen etwa 10.000 Therapiestunden gestrichen werden. 

Ein Großprojekt wie die Tunnelspinne ist daher nicht nur verkehrspolitisch falsch, sondern auch budgetĂ€r unverantwortlich. Die Einsparungen im Sozialbereich werden uns langfristig auf den Kopf fallen, denn sie werden vorhandene Probleme vergrĂ¶ĂŸern. Daher ein Vorschlag zur GĂŒte: ehrliche Informationen ĂŒber die Tunnelspinne und anschließend eine Volksabstimmung. Lustenau hat bei der S18 unter einem ÖVP-BĂŒrgermeister vorgemacht, wie es geht.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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