10. Mai 2017

Kurz-Chronik einer Demontage

2017-05-11T01:00:51+02:0010.05.17, 18:22 |Kategorien: Parteien, Wahlkampf|Tags: , |

Außen- und Integrationsminister Kurz ist schwer beschĂ€ftigt: Am Montag ließ er sein Sanktionspaket gegen FlĂŒchtlinge und andere Drittstaatangehörige durch den außenpolitischen Ausschuss peitschen. Nebenbei wurde der ihm unterstehende Integrationsfonds, der sich mehr durch die kriminellen Verstrickungen unter dessen Ex-Chef in den Medien findet als durch Glanzleistungen im Integrationsbereich, in Richtung Monopolisierung der DeutschprĂŒfungen, die mit Werten angereichert werden sollen, gestĂ€rkt. Fachliche Kritik daran, so ist es Kurz gewohnt, wurde nicht zur Kenntnis genommen.

Am Dienstag trieben ihn seine Verpflichtungen nach Vorarlberg, hatte er doch zusammen mit Landeshauptmann Wallner am Vormittag einen Live-Chat zu absolvieren, um dann am Nachmittag einer Einladung der SchĂŒlerunion Folge zu leisten und am Abend beim Vorarlberger ÖAAB aufzutreten. Dass er dem Ministerrat fernblieb – zum 18. Mal bei 42 Sitzungen – empörte die SPÖ. Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) verteidigte hingegen die Abwesenheit von Kurz und Sobotka. Auch er sei manchmal abwesend, wenn er beim Ecofin in BrĂŒssel sei. Wir verstehen: Ein Live-Chat in Bregenz samt nachfolgender Promotionstour bei ÖVP-Organisationen ist dem EU-Finanzministerrat offenbar gleichzusetzen. Aus dem LĂ€ndle lĂ€sst Kurz ausrichten, dass er die ÖVP im derzeitigen Zustand nicht ĂŒbernehmen wolle.

Derweilen brodelt es in Wien: Der Innenminister erledigt die Drecksarbeit und desavouiert stakkatoartig nicht nur die SPÖ, sondern die Regierung insgesamt: Am Sonntag richtete Sobotka Kanzler Kern aus, dass der versagt hĂ€tte und drohte, einem der derzeitig wichtigsten Vorhaben der Regierung, nĂ€mlich eine Bildungsreform auf die Beine zu stellen, gleich einmal ein Veto an. Nur einen Tag spĂ€ter kĂŒndigte er an, ein Überwachungspaket ohne Absprache mit dem Regierungspartner in Begutachtung schicken zu wollen. Nach getaner Destruktion trĂ€llerte Sobotka dann am Fest der Freude am Heldenplatz noch inbrĂŒnstig die „Ode an die Freude“ und vertschĂŒsste sich in die Schweiz. Beim Ministerrat glĂ€nzte er daher – so wie Kurz auch – durch Abwesenheit. Den Scherbenhaufen ĂŒberließen beide ihrem damaligen Noch-Parteichef Mitterlehner.

Gestern wurde dann auch noch ĂŒber einen Teil der VP-Jugend, der Aktionsgemeinschaft auf der juristischen FakultĂ€t in Wien – just jener, der auch Kurz entstammt –, bekannt, dass sie ein besonders „humoriges“ VerstĂ€ndnis von nationalsozialistischen GrĂ€ueltaten pflegt und auch Sexismus zum Unterhaltungsrepertoire der schwarzen Nachwuchskaderschmiede gehört. Das ist an sich schon verabscheuungswĂŒrdig, grauenhaft wird es aber bei der Vorstellung, dass diese Leute einmal Teil des österreichischen Justizapparats sein oder ĂŒber Kurz in diversen politischen Ämtern versorgt werden könnten. Kurz ließ zwar via Twitter vermelden, dass er den Ausschluss der betreffenden Personen begrĂŒĂŸe, wir warten allerdings noch auf die AnkĂŒndigung von verpflichtenden Wertekursen samt Sanktionen bei NichterfĂŒllung.

Nun heißt’s: Etappenziel erreicht. Reinhold Mitterlehner hat entnervt das Handtuch geworfen, und Kurz muss die Partei wohl ĂŒbernehmen. Die Arbeit, die nun fĂŒr Kurz, Sobotka & Co bevorsteht, ist, die Regierung zu sprengen – möglichst ohne selbst die Koalition aufkĂŒnden zu mĂŒssen. Daher zĂŒndelt GeneralsekretĂ€r Amon bereits fleißig weiter.

Auf der Strecke bleibt die Regierungsarbeit. Das ist den beteiligten Akteuren jedoch egal. Wer an die Macht will, hat auf solche „NebensĂ€chlichkeiten“ nĂ€mlich nicht zu achten. Aber: So eiskalt, wie hier kalkuliert, demontiert und zerstört wird, könnte es bald auch im Land werden. Unter Blau-Schwarz mĂŒssen wir uns wohl warm anziehen. Besser: mĂŒssten wir uns warm anziehen. Denn das können wir verhindern!

2. Februar 2017

Die Grazer FPÖ und die Bildung oder wie Bedrohungsszenarien konstruiert werden

2017-02-02T11:02:28+01:0002.02.17, 10:52 |Kategorien: Bildung, Integration, Parteien, Wahlkampf|Tags: , , |

Im vorletzten Jahr habe ich anlĂ€sslich der Landtagswahlen in Oberösterreich und Wien das Bildungsprogramm jener Partei nĂ€her angesehen, die unentwegt den Niedergang der Bildung beklagt. Quintessenz: FĂŒr die FPÖ in Oberösterreich muss wieder Law and Order in die Schulen reinkommen. Vergleichsweise sanft gaben sich die Wiener Blauen, denn in deren Wahlprogramm war das Bildungsthema gleich gar nicht vorhanden.

Nun habe ich die Grazer FPÖ unter die bildungspolitische Lupe genommen. Eines muss ich ihr lassen: Ihre bildungspolitischen Vorstellungen sind sehr kompakt und konzentrieren sich auf das Wesentliche, auf das blaue Wesentliche: Es gĂ€be zu viele Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, die sind seien ein Sicherheitsrisiko und mĂŒssen daher reduziert werden. Aber sehen wir uns das genauer an:

„Auch sollte der Anteil an fremdsprachigen Volksschulkindern in Volksschulklassen nicht mehr als 30% betragen, da Integration andernfalls nicht stattfindet.“*

Wir erfahren nicht, was die FPÖ unter „fremdsprachigen Volksschulkindern“ versteht. Vermutlich sind alle gemeint, in deren Elternhaus auch noch eine andere Sprache als Deutsch gesprochen werden könnte, also auch alle Kinder, die vielleicht perfekt mehrsprachig aufwachsen. Und, so suggeriert es die FPÖ, die seien ein Sicherheitsrisiko, das „zu einer Katastrophe fĂŒhren“** wĂŒrde: „TatsĂ€chlich aber werden viele Kinder und Jugendliche bereits in der Familie im Stich gelassen und auf dem spĂ€teren Bildungsweg mit Parallelgesellschaften, Ghetto- und Bandenbildung, KriminalitĂ€t und Drogen konfrontiert. Wir stehen dafĂŒr ein, dass die Jugend gerade in den sensiblen Jahren in Sicherheit und Geborgenheit aufwachsen kann. (…) Daher dĂŒrfen wir uns gewissen Wahrheiten nicht verschließen.“

Die blaue „Wahrheit“ sieht so aus: „Der Anteil von Kindern mit nicht-deutscher Muttersprache in Grazer Volksschulen hat einen bedenklichen Rekordwert erreicht. Von insgesamt 7.707 Grazer VolksschĂŒlern gehörten im Schuljahr 2015/16 3.770 (49%) jener Gruppe an, fĂŒr die Deutsch eine Fremdsprache ist.“

Die Lösung der FPÖ, eine Obergrenze von 30% fĂŒr „fremdsprachige Kinder“ einzufĂŒhren, ist angesichts des durchschnittlichen Anteils von 49% bestechend, denn was soll mit den durchschnittlich 19%, die die FPÖ als zuviel definiert, passieren? „Im Zweifelsfall fordern wir jedoch eigene Klassen fĂŒr jene Kinder, fĂŒr die Deutsch eine Fremdsprache ist.“

Also will die FPÖ Ghettoklassen, wo jene zusammengeholt werden, die nach ihren Fantasien unsere Schulen ĂŒberfremden. Gleichzeitig beklagt die FPÖ jedoch, dass es Schulen gibt, die fast nur noch von „fremdsprachigen“ Kindern besucht werden: „In der Volksschule St. AndrĂ€ im Bezirk Gries war Deutsch fĂŒr 142 von 143 Schulkindern eine Fremd- oder Zweitsprache.“ Also hĂ€tten wir dort genau das, was die FPÖ doch will: lauter Ghettoklassen. Ein Widerspruch? Nicht in der ErzĂ€hlung der FPÖ, der es ausschließlich darum geht, Bedrohungen zu konstruieren.

Dass es das verpflichtende „Vorschuljahr“ in Form eines verpflichtenden Kindergartenjahrs bereits gibt und dass die Forderung nach „Deutsch als Pausensprache“ nicht nur nicht administrierbar, sondern auch verfassungswidrig ist, interessiert die Grazer FPÖ wohl kaum. Noch weniger ist sie daran interessiert, sich der Expertise von Fachleuten auszusetzen. Denn die haben Modelle, wie Kinder, die „Deutsch als Zweitsprache“ erlernen, erfolgreich gefördert werden können, ohne sie in gesonderte Klassen und Gruppen wegzusperren. Und die wĂŒrden der FPÖ auch erklĂ€ren, dass aus fachlicher Sicht bei Kindern, die hier in Österreich aufwachsen, nicht von „Deutsch als Fremdsprache“ gesprochen wird, sondern von „Deutsch als Zweitsprache“. Das passt jedoch nicht ins Konzept der FPÖ, weil es nicht bedrohlich klingt. „Deutsch als Zweitsprache“ könnte aber eine wĂŒnschenswerte RealitĂ€t beschreiben: Kinder erlernen parallel mehrere Sprachen. Das wĂ€re nĂ€mlich ein Vorteil, den wir als Gesellschaft erkennen und bestmöglich fördern und nutzen sollten.

Übrigens, der Vergleich macht Sie sicher. Hier das, was die Grazer GrĂŒnen zur Bildung zu sagen haben: http://www.graz.gruene.at/wahlprogramm2017/grundsatzprogramm-2017.pdf

*FPÖ Graz, Kapitel „Bildung & Jugend“: https://www.fpoe-graz.at/bildung-jugend/
**http://diepresse.com/home/innenpolitik/5131007/FPOe-peilt-bei-Grazer-Gemeinderatswahl-zweiten-Platz-an

1. Dezember 2016

FĂŒr ein weltoffenes Österreich: Alexander Van der Bellen

2016-12-02T09:36:37+01:0001.12.16, 17:30 |Kategorien: Wahlkampf|Tags: , , , |

Dornbirn 31.3.2016, Eroeffnung 3. SCHAU! Messe Ausstellung, In Dornbirn ist die dritte Fruehlingsausstellung Schau!, die ehemalige Fruehjahrsmesse, eroeffnet worden. Zum Auftakt stand eine Podiumsdiskussion ueber Chancen und Risiken der Fluechtlingsbewegung auf dem Programm. Die Podiumsteilnehmer waren sich grundsĂ€tzlich einig: Neue Menschen, die nach Vorarlberg kommen, bringen auch neue Chancen fuer Gesellschaft und Wirtschaft. Der Praesident der Industriellenvereinigung, Martin Ohneberg, sagte, dass die Asylwerber so schnell wie moeglich auf den Arbeitsmarkt kommen sollten. Davon wĂŒrden alle profitieren. Auf der anderen Seite muessten die Asylwerber natuerlich auch die hiesigen Grundwerte akzeptieren, so Ohneberg. Bei der Schau! praesentieren sich zu den Schwerpunkten Garten, Mode, Wohnen und Genuss heuer rund 450 Aussteller. Auf 52.000 mÂČ Ausstellungsflaeche zeigen sie ihre Produkte und Dienstleistungen. Es gibt Show-und KochbĂŒhnen, Livemusik und Infostationen. 2016 ist das bundesweite „Jahr der Jugendarbeit – deswegen gibt es auf der Schau! zudem die Junge Halle. Hier setzen sich die Aussteller mit dem Thema Menschen auf der Flucht auseinander“.

Alexander van der Bellen testet auf der Dornbirner Messe den Vorarlberger BergkĂ€se – und kauft auch gleich ein.

Österreich hat eine Riesenchance: Der Siegeszug der Rechtspopulisten und -extremisten kann nach dem Brexit und der Trump-Wahl gestoppt werden.

Die Wahl von Alexander Van der Bellen wĂ€re ein wichtiges Signal nicht nur fĂŒr Frankreich und Deutschland, wo nĂ€chstes Jahr gewĂ€hlt wird, sondern fĂŒr die ganze westliche Welt. Die von FPÖ, Front National oder AfD ebenso wie von OrbĂĄn und KaczyƄski getragene politische, soziale und kulturelle Gegenreformation hingegen ist europafeindlich und baut auf nationale Ressentiments. Was Europa benötigt, ist eine solidarische Politik, die Menschen zusammenfĂŒhrt – fĂŒr die Schwachen,  Minderheiten und Benachteiligten.

Allein das, was in der allerletzten Zeit im freiheitlichen Umfeld wieder passiert ist, disqualifiziert einen Kandidaten, der sich davon nicht distanziert:

  • Der oberösterreichische FPÖ-Obmann und Landeshauptmannstellvertreter Manfred Haimbuchner hat ganz offiziell und ohne jegliche Scham den SS-BrigadefĂŒhrer und TrĂ€ger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP Anton Reinthaller, geehrt. Einen Mann, der 1950 wegen Hochverrats zu drei Jahren Kerker verurteilt worden ist. Die Proteste dagegen fruchteten nicht. Haimbuchners Regierungskollege Podgorschek posierte zuvor an Reinthallers Grab und ließ uns das via Facebook wissen.
  • Die Freiheitlichen Arbeitnehmer ließen – ebenfalls in Oberösterreich – online darĂŒber abstimmen, ob muslimische BeschĂ€ftigte weiterhin ein Weihnachtsgeld bekommen sollen.
  • Die Freiheitlichen Radenthein nannten den Videoclip der Holocaust-Überlebenden Gertrude das â€žĂŒbelste Hetzvideo, jemals in diesem Land von einer Partei produziert wurde“.

Österreich hat am Sonntag die Wahl: Mit Alexander Van der Bellen fĂŒr ein weltoffenes Land, eine offene Gesellschaft, fĂŒr Besonnenheit an der Spitze unseres Landes und fĂŒr eine konsequente Abgrenzung von menschenverachtenden Ideologien oder fĂŒr den stellvertretenden FPÖ-Obmann Norbert Gerwald Hofer.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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