âFokussierte Unintelligenzâ

Temperaturentwicklung Ăsterreich 1902 bis 2020
Diesen Kommentar habe ich verfasst, bevor sintflutartige RegenfĂ€lle in Deutschland ganze Landstriche ĂŒberzogen und zerstört und bevor die Unwetter auch in Ăsterreich riesige SchĂ€den angerichtet haben. Auch wenn niemand mit Sicherheit sagen kann, dass die Ereignisse aus der letzten Woche auf die Klimakrise zurĂŒckzufĂŒhren sind,  aber eines lĂ€sst sich bestimmt prognostizieren: Starkregenereignisse mit den nachfolgenden Katastrophen werden sich hĂ€ufen. Und das ist schon jetzt irreversibel.
Mein Kommentar zu den VersÀumnissen im Klimaschutz:
âFokussierte Unintelligenzâ
Hitzerekorde, Tornados mitten in Europa, Extremwetter, schmelzende Gletscher â die Menschheit muss handeln! Das fordert die Vernunft. Das fordert unser Verantwortungsbewusstsein fĂŒr Kinder und Enkelkinder. Das fordert sogar das Budget.
Schon jetzt ist klar: Seit drei Jahrzehnten verfehlt Ăsterreich Jahr fĂŒr Jahr die selbstgesteckten (!) Klimaziele. WĂ€hrend die LĂ€nder der heutigen EU in dieser Zeit ihre Emissionen um ein Viertel senken konnten, sind sie bei uns sogar gestiegen. Daher drohen bis zum Jahr 2030 Strafzahlungen von bis zu 9,2 Milliarden Euro. Das sagen nicht verzweifelte KlimaschĂŒtzer, das sagt der Rechnungshof.
Zahlen wir wirklich lieber Milliarden als Strafe, statt das Geld in den Klimaschutz zu investieren und Impulse fĂŒr eine nachhaltige Wirtschaft zu setzen? Die Wirtschaftskammer pocht gerne auf ihre âWirtschaftskompetenzâ, auch von Hausverstand ist die Rede. Lobbying gegen Plastikpfand und eine konsequente Besteuerung des CO2-AusstoĂes oder fĂŒr monströse StraĂenbauplĂ€ne hat weder mit Wirtschaftskompetenz noch mit Hausverstand zu tun.
Laut Verkehrsclub Ăsterreich wurden bei uns seit dem Jahr 2000 zusĂ€tzlich 319 Kilometer zusĂ€tzliche Autobahnen und SchnellstraĂen gebaut, wĂ€hrend gleichzeitig das Schienennetz um 535 Kilometer geschrumpft ist.
Unvernunft auch anderswo
In der Schweiz wollten Regierung und Parlament zwölf Rappen mehr pro Liter Benzin fĂŒr den Klimaschutz. Unzumutbar? Die rechte SVP hat jedenfalls massiv Propaganda dagegen gemacht und war erfolgreich: Eine knappe Mehrheit stimmte dagegen.
In Deutschland lehnt Armin Laschet, der Spitzenkandidat der CDU, MaĂnahmen gegen BilligflĂŒge ab. Weiter um 9,90 Euro nach London? Laschet hat Bedenken, weil auch FlĂŒge nach Mallorca teurer wĂŒrden. Das geht offenbar gar nicht. Billiger Mallorca-Urlaub als Grundrecht?
Was ist zu tun?
Die Verantwortlichen wissen, wo man ansetzen muss. Seit 1990 hat der AusstoĂ von Treibhausgasen im Verkehrssektor laut Umweltbundesamt um fast 75 Prozent zugenommen. Der Umstieg auf die Schiene beim GĂŒterverkehr und klimagerechtes Verhalten beim Individualverkehr sind ein Gebot der Stunde.
In Paris setzt die BĂŒrgermeisterin massiv auf den öffentlichen Verkehr und das Fahrrad: Der RĂŒckbau von 72 Prozent der ParkplĂ€tze ist bereits angelaufen. DafĂŒr entstehen GrĂŒnflĂ€chen und SpielplĂ€tze.
Und Ăsterreich? In Vorarlberg ist die BeschrĂ€nkung der Höchstgeschwindigkeit auf der Rheintal-Autobahn auf 100 km/h ĂŒberfĂ€llig. Das wĂŒrde nicht nur nichts kosten, sondern sogar Geld einsparen: weniger UnfĂ€lle und weniger Kranke durch geringeren AusstoĂ von Stickoxiden. In Wien will man sogar eine neue Autobahn unter (!) dem Nationalpark bauen.
Der frĂŒhere Wiener BĂŒrgermeister Michael HĂ€upl hat einmal gemeint: âWahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenzâ. Wir stellen fest: Das ist nicht auf Wahlkampfzeiten beschrĂ€nkt!

Wir wissen es seit Jahrzehnten: Eine grundlegende Bildungsreform ist in Ăsterreich ĂŒberfĂ€llig. Wir wissen aber auch: Unter den derzeitigen politischen Konstellationen ist das praktisch unmöglich. Zu stark sind sie, die beharrenden KrĂ€fte.
Ist Korruption in Ăsterreich etwas selbstverstĂ€ndliches? Nein, wir sind keine Bananenrepublik, aber im internationalen Korruptionsindes liegt Ăsterreich inzwischen leider weit vorne. Und das bedeutet âFeuer am Dachâ unserer Demokratie. So habe ich heute einen Kommentar in meiner Kolumne in den Vorarlberger Nachrichten ĂŒberschrieben.