19. Juli 2021
  • Temperaturentwicklung Österreich 1902 bis 2020

„Fokussierte Unintelligenz“

2021-07-26T06:33:41+02:0019.07.21, 16:00 |Kategorien: Klima und Umwelt|

Temperaturentwicklung Österreich 1902 bis 2020

Temperaturentwicklung Österreich 1902 bis 2020

Diesen Kommentar habe ich verfasst, bevor sintflutartige RegenfĂ€lle in Deutschland ganze Landstriche ĂŒberzogen und zerstört und bevor die Unwetter auch in Österreich riesige SchĂ€den angerichtet haben. Auch wenn niemand mit Sicherheit sagen kann, dass die Ereignisse aus der letzten Woche auf die Klimakrise zurĂŒckzufĂŒhren sind,  aber eines lĂ€sst sich bestimmt prognostizieren: Starkregenereignisse mit den nachfolgenden Katastrophen werden sich hĂ€ufen. Und das ist schon jetzt irreversibel.

Mein Kommentar zu den VersÀumnissen im Klimaschutz:

„Fokussierte Unintelligenz“

Hitzerekorde, Tornados mitten in Europa, Extremwetter, schmelzende Gletscher − die Menschheit muss handeln! Das fordert die Vernunft. Das fordert unser Verantwortungsbewusstsein fĂŒr Kinder und Enkelkinder. Das fordert sogar das Budget.

Schon jetzt ist klar: Seit drei Jahrzehnten verfehlt Österreich Jahr fĂŒr Jahr die selbstgesteckten (!) Klimaziele. WĂ€hrend die LĂ€nder der heutigen EU in dieser Zeit ihre Emissionen um ein Viertel senken konnten, sind sie bei uns sogar gestiegen. Daher drohen bis zum Jahr 2030 Strafzahlungen von bis zu 9,2 Milliarden Euro. Das sagen nicht verzweifelte KlimaschĂŒtzer, das sagt der Rechnungshof.

Zahlen wir wirklich lieber Milliarden als Strafe, statt das Geld in den Klimaschutz zu investieren und Impulse fĂŒr eine nachhaltige Wirtschaft zu setzen? Die Wirtschaftskammer pocht gerne auf ihre „Wirtschaftskompetenz“, auch von Hausverstand ist die Rede. Lobbying gegen Plastikpfand und eine konsequente Besteuerung des CO2-Ausstoßes oder fĂŒr monströse StraßenbauplĂ€ne hat weder mit Wirtschaftskompetenz noch mit Hausverstand zu tun.

Laut Verkehrsclub Österreich wurden bei uns seit dem Jahr 2000 zusĂ€tzlich 319 Kilometer zusĂ€tzliche Autobahnen und Schnellstraßen gebaut, wĂ€hrend gleichzeitig das Schienennetz um 535 Kilometer geschrumpft ist.

Unvernunft auch anderswo

In der Schweiz wollten Regierung und Parlament zwölf Rappen mehr pro Liter Benzin fĂŒr den Klimaschutz. Unzumutbar? Die rechte SVP hat jedenfalls massiv Propaganda dagegen gemacht und war erfolgreich: Eine knappe Mehrheit stimmte dagegen.

In Deutschland lehnt Armin Laschet, der Spitzenkandidat der CDU, Maßnahmen gegen BilligflĂŒge ab. Weiter um 9,90 Euro nach London? Laschet hat Bedenken, weil auch FlĂŒge nach Mallorca teurer wĂŒrden. Das geht offenbar gar nicht. Billiger Mallorca-Urlaub als Grundrecht?

Was ist zu tun?

Die Verantwortlichen wissen, wo man ansetzen muss. Seit 1990 hat der Ausstoß von Treibhausgasen im Verkehrssektor laut Umweltbundesamt um fast 75 Prozent zugenommen. Der Umstieg auf die Schiene beim GĂŒterverkehr und klimagerechtes Verhalten beim Individualverkehr sind ein Gebot der Stunde.

In Paris setzt die BĂŒrgermeisterin massiv auf den öffentlichen Verkehr und das Fahrrad: Der RĂŒckbau von 72 Prozent der ParkplĂ€tze ist bereits angelaufen. DafĂŒr entstehen GrĂŒnflĂ€chen und SpielplĂ€tze.

Und Österreich? In Vorarlberg ist die BeschrĂ€nkung der Höchstgeschwindigkeit auf der Rheintal-Autobahn auf 100 km/h ĂŒberfĂ€llig. Das wĂŒrde nicht nur nichts kosten, sondern sogar Geld einsparen: weniger UnfĂ€lle und weniger Kranke durch geringeren Ausstoß von Stickoxiden. In Wien will man sogar eine neue Autobahn unter (!) dem Nationalpark bauen.

Der frĂŒhere Wiener BĂŒrgermeister Michael HĂ€upl hat einmal gemeint: „Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz“. Wir stellen fest: Das ist nicht auf Wahlkampfzeiten beschrĂ€nkt!

 

5. Juli 2021

Chancengleichheit in der Schule? Fehlanzeige!

2021-07-05T11:36:36+02:0005.07.21, 11:33 |Kategorien: Bildung|Tags: , , |

Wir wissen es seit Jahrzehnten: Eine grundlegende Bildungsreform ist in Österreich ĂŒberfĂ€llig. Wir wissen aber auch: Unter den derzeitigen politischen Konstellationen ist das praktisch unmöglich. Zu stark sind sie, die beharrenden KrĂ€fte.

Immerhin aber sollten die kleinen Maßnahmen, die gesetzt werden, die Situation etwas verbessern. Das ist leider oft nicht der Fall, wie zwei Reformen aus dem heurigen Schuljahr zeigen. Ich habe das in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Zeugnisverteilung“ thematisiert.

Hier mein Text zum Nachlesen:

Am Freitag ist auch in Westösterreich Schulschluss und die Zeugnisse werden verteilt. Sie sollten die erbrachten Leistungen im vergangenen Schuljahr widerspiegeln. Wie aber schaut ein Zeugnis fĂŒr unsere Bildungspolitik aus?

Wie reagiert „das System“ auf Herausforderungen wie Corona-Krise oder die vielen Kinder mit Sprachdefiziten? Eröffnet es allen Kindern eine Chance? Schauen wir uns zwei „FĂ€cher“ genauer an: Sprachförderung und „Sommerschule“.

Kinder kommen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen in unsere KindergÀrten und Schulen. Viele beherrschen die Unterrichtssprache nur mangelhaft. Sprachförderung ist genauso im Interesse dieser Kinder wie der gesamten Gesellschaft. Wir brauchen qualifizierte Menschen, die nach der Schule studieren oder eine Lehre absolvieren können.

Sprachförderung: GenĂŒgend

Im Juni ist ein – medial praktisch nicht beachteter – Rechnungshofbericht erschienen, der den Verantwortlichen ein verheerendes Zeugnis ausstellt: Sprachförderung funktioniert nicht. Das gilt fĂŒr KindergĂ€rten genauso wenig wie fĂŒr die Schulen. Schuld daran sind nicht die LehrkrĂ€fte und ElementarpĂ€dagog:innen, sondern das System.

Demnach gibt es kein klares Konzept. Die angekĂŒndigte verpflichtende Sprachstandsfeststellung existiert vielfach nicht, das Ausmaß der Förderung ist uneinheitlich, Fachaufsicht oder QualitĂ€tssicherung versagen. Laut Rechnungshof hat sich die Situation teilweise sogar verschlechtert. Das Hauptproblem: Wenn Kinder mit schlechten Deutschkenntnissen zusammengefasst werden, fehlen die Sprachvorbilder. Fehlerhaftes Deutsch wird so weiter verfestigt.

Sommerschule: GenĂŒgend

Nun sollen diese VersĂ€umnisse und die zusĂ€tzlich durch Corona-Krise und Schulschließungen aufgetretenen Probleme durch die „Sommerschule“ gemindert werden. Sie gab es schon im letzten Jahr, die Ergebnisse wurden aber nicht evaluiert.

Bildungsexpert:innen bemĂ€ngelten schon damals, dass der Unterricht hauptsĂ€chlich von Studierenden erteilt wird, denen Praxis und Erfahrung fehlen. Wirklich helfen könnten den Betroffenen Kindern LehrkrĂ€fte, die Deutsch als Zweitsprache studiert haben. Die aber werden in Österreich kaum ausgebildet und wenn, dann nur mangelhaft.

Was es zudem brĂ€uchte, wĂ€re ein verschrĂ€nktes und ganztĂ€giges Lern- und Freizeitangebot, damit Erlerntes auch eingeĂŒbt werden kann.

Gesamtnote?

Unser Bildungssystem ist veraltet und leidet zudem unter der viel zu frĂŒhen Trennung von Kindern. KĂŒnftig werden dabei sogar schon die Noten der dritten Klasse Volksschule eine Rolle spielen − das ist weltweit einzigartig und fĂŒhrt zu kontraproduktivem Stress fĂŒr Kinder und deren Familien.

Wenn wir schon an einer dringend notwendigen Gesamtreform des Bildungssystems scheitern, sollten wenigstens Einzelmaßnahmen zur Linderung der Probleme beitragen. Die zwei geschilderten tun das nicht. Wenn es dafĂŒr ein Zeugnis gĂ€be, mĂŒssten sich die Verantwortlichen fĂŒrchten!

21. Juni 2021

Wackelt unsere Demokratie?

2021-06-21T15:43:56+02:0021.06.21, 15:42 |Kategorien: Gesellschaft, Medien|Tags: , |

Ist Korruption in Österreich etwas selbstverstĂ€ndliches? Nein, wir sind keine Bananenrepublik, aber im internationalen Korruptionsindes liegt Österreich inzwischen leider weit vorne. Und das bedeutet „Feuer am Dach“ unserer Demokratie. So habe ich heute einen Kommentar in meiner Kolumne in den Vorarlberger Nachrichten ĂŒberschrieben.

Hier der Text zum Nachlesen:

Auf Twitter entbrannte letzte Woche eine heftige Diskussion: Hat das Satire-Portal „Tagespresse“ zugeschlagen? Oder meinen es Sebastian Kurz und Andreas Hanger, sein Mann fĂŒr’s Grobe, wirklich ernst? Die beiden hatten verkĂŒndet, dass Volksbegehren gegen Korruption zu unterstĂŒtzen.

Sie wissen natĂŒrlich haargenau, dass nach all den tĂŒrkisen Skandalen der letzten Monate sie selbst als Adressaten gemeint sind.

Prominente Initiatoren

Gestartet wurde die Initiative von prominenten Persönlichkeiten aus fast allen politischen Lagern. Anstoß fĂŒr den Zusammenschluss waren die „innenpolitischen Vorkommnisse der letzten Tage“. Im Klartext: die fast schon im Tagesrhythmus erfolgten ÖVP-Attacken auf die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und die unsĂ€glichen Chats, die eine GeringschĂ€tzung des „Pöbels“ zum Ausdruck brachten und den Staat als Selbstbedienungsladen erscheinen ließen.

Wenn der ehemalige PrĂ€sident des Rechnungshofes Franz Fiedler, die Höchstrichterin Irmgard Griss, der Verfassungsrechtler Heinz Mayer oder Heide Schmidt, die frĂŒhere Vorsitzende des Liberalen Forums, Alarm schlagen, hat das Gewicht. Da gibt es auch keine „parteipolitische Schlagseite“, zumal mit Michael Ikrath ein eher dem konservativen FlĂŒgel angehörender ehemaliger ÖVP-Justizsprecher mit dabei ist und auch andere Personen eher dem „bĂŒrgerlichen Lager“ angehören.

Forderungskatalog

Der im Internet nachlesbare umfangreiche Forderungskatalog hat es in sich. Da wird zurecht auf die Bedeutung eines unabhĂ€ngigen Journalismus fĂŒr die Demokratie hingewiesen, die ĂŒberschießende FĂŒtterung von KrawallblĂ€ttern mit unser aller Steuergeld, wĂ€hrend gleichzeitig die QualitĂ€tsmedien fast schon systematisch aushungert werden. Das bedeutet Feuer am Dach der Demokratie!

Eine weitere zentrale Forderung ist die Absicherung der unabhĂ€ngigen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die der Republik in den letzten Monaten unschĂ€tzbare Dienste erwiesen hat. Dass deren unbehinderte Weiterarbeit ĂŒberhaupt gefordert werden muss, zeichnet ein bedenkliches Bild unseres Landes. All das und vieles mehr findet sich im Antragstext.

Polit-Begehrlichkeiten

Um eines klarzustellen: Noch funktioniert in Österreich die Justiz, noch gibt es unabhĂ€ngige Medien, noch gelten demokratische Rechte. Aber die Entwicklungen in Ungarn oder Polen haben gezeigt, wie schnell es gehen kann und man sich in einem (halb-)autoritĂ€ren Staat wiederfindet.

Die Begehrlichkeiten der politisch MĂ€chtigen nehmen zu. Der schleichenden Demontage unserer liberalen Demokratie muss Einhalt geboten werden. Sonst kann man sich „zack-zack-zack“ in einer anderen Republik befinden − wie das ein ehemaliger Vizekanzler und wirklicher Korruptions-Experte ausgedrĂŒckt hat.

Aber vielleicht hat Sebastian Kurz ja vor, die Inhalte des Volksbegehrens nicht nur zu unterschreiben, sondern auch umzusetzen. TrÀumen darf man ja!

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr


Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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