Strache kauft auf Facebook deutsche âFansâ
Alle 5.000er-Zahlen jubelt Heinz-Christian Strache, der âEuropameister auf Facebookâ, wie er sich selbst mit 465.000 Fans seiner Seite titulierte. Aber halt, Europameister auf Facebook? Ein paar wenige Klicks genĂŒgen, um den âEuropameisterâ vom Podest zu holen. Ăbrig bleibt, genau genommen, nicht einmal die blecherne Medaille. Doch auch ein Blick auf die Zusammensetzung von Straches Fans offenbart Erstaunliches.
Straches âEuropameisterâ-Meldung war am Tag nach der verlorenen PrĂ€sidentschaftswahl Balsam auf die Seelen seiner enttĂ€uschten Fans: âSelbst die tendenziösen deutschen Medien mussten zugeben, dass fast die HĂ€lfte der Ăsterreicher auf FPĂ-Kurs sind, und die Sache mit Herrn Hofers Niederlage noch nicht das letzte Wort war. Weitermachen!â, wĂŒnscht sich Robby. Helene stöĂt nach: âder Neid frisst die anderen auf, weil diese genau beobachten und mitverfolgen, wie gern wir Euch haben und wie sehr wir Euch schĂ€tzenâ. Andere bejubeln erwartungsfroh bereits den Aufstieg zu 500.000 und zu einer Million Fans. Eric gibt schlieĂlich die Marschrichtung vor: âmĂŒssen Vorsprung auf Kurz wieder ausbauen!â Er hat begriffen, dass es eng wird im Rennen um den ersten Facebook-Platz in Ăsterreich, sehr eng sogar!
Die rechtspopulistische Szene ist nicht nur in Ăsterreich auf Facebook stark vertreten. Das Format bietet sich, wie es der Publizist Patrick Gensing ausdrĂŒckt, als âmediales Biotop fĂŒr Populistenâ an. Straches Gesinnungsfreundin Marine Le Pen hat ein paar Fans mehr als der FPĂ-Chef, nĂ€mlich ĂŒber 1,1 Millionen, der Brexit-Architekt Nigel Farage verbucht mehr als 650.000 und der italienische Politclown Beppe Grillo fast 2 Millionen Fans. Gut, könnte jemand einwenden, die LĂ€nder derer, die vor Strache liegen, sind etwas gröĂer als Ăsterreich. Aber auch beim östlichen Nachbarn Ungarn versammelt Victor OrbĂĄn mehr als 540.000 Facebook-Fans auf seiner Site. Zum Europameistertitel fehlt es Strache also noch deutlich.
âBoulevard- und knallige Talkformate, aber auch Social Media scheinen wie gemacht fĂŒr Populisten: Wer am lautesten und schrillsten schreit, kann eine Dynamik der Aufregung in Gang setzen. So können sich Populisten mit gezielten Provokationen und vermeintlichen TabubrĂŒchen inszenieren und Skandalisierung herbeifĂŒhren. Wir haben ein mediales Biotop fĂŒr Populisten geschaffen.â (Patrick Gensing)
Doch die Zusammensetzung von Straches Fans weist MerkwĂŒrdigkeiten auf. Im Zuge von Recherchen fĂŒr unseren Rechtsextremismusbericht im FrĂŒhjahr diesen Jahres fiel uns bereits auf, dass Strache mit nur 80% an Fans, die in Ăsterreich lokalisiert werden, einen deutlich niedrigeren Anteil aufwies als andere PolitikerInnen in Ăsterreich. Im Oktober folgte jedoch das groĂe Staunen: Innerhalb relativ kurzer Zeit sank Straches österreichischer Fananteil auf nunmehr unter 69% â mit weiter fallender Tendenz â, wĂ€hrenddessen deutsche Fans ihre Liebe zum FPĂ-Chef entdeckt haben dĂŒrften, denn sie vermehrten sich rasant. Innerhalb der letzten sieben Wochen verzeichnete Strache einen Zuwachs von knapp 11.500 an österreichischen Fans â im selben Zeitraum rekrutierte er aus Deutschland fast die dreifache Menge (33.371) und darf nun (Stand 13.12.2016) auf fast 118.000 verweisen.
Wie Der Standard heute berichtet, ist der plötzliche Zuspruch aus Deutschland kein Zufall, denn Strache wirbt gezielt um deutsche Fans. Von den geschĂ€tzen monatlichen Werbungskosten von 10.000 Euro, die die FPĂ auf Facebook investiert, dĂŒrfte also einiges nach Deutschland flieĂen. Warum, darĂŒber kann nun spekuliert werden. Ein Grund könnte darin liegen, dass Sebastian Kurz Strache dichter auf den Fersen ist, als es auf den ersten Blick erscheint: In der Gesamtzahl liegt Kurz noch um 70.000 Fans hinter Strache, bei den österreichischen Fans jedoch nur mehr um weniger als 7.000. Es ist absehbar, dass Kurz in einigen Wochen zu Strache aufgeschlossen haben und der âEuropameisterâ seine bisherige Pole-Position verlieren wird. Das passt wohl nicht zum Sieger-Image, das sich Strache selbst verpassen will. Offenbar ist sein Wachstumspotential in Ăsterreich inzwischen weniger groĂ, als er es vortĂ€uschen will. FĂŒr Strache dĂŒrfte also gelten: Wer hierzulande nicht genug einkaufen kann, importiert einfach vom deutschen Nachbarn. Aber was richtet uns der deutsche Thorsten auf Straches FB-Seite bedeutungsschwanger aus?