6. April 2017

„Luka muss bleiben!“

2017-09-06T11:31:48+02:0006.04.17, 16:01 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft, Menschenrechte|Tags: , , |

Die Stimmung in unserer Gesellschaft ist beängstigend. Das zeigen die hasserfüllten Kommentare auf eine Ankündigung von mir auf Twitter – siehe Abbildung links.

Doch der Reihe nach: Der zehnjährige Luka, ein behindertes Kind, soll gemeinsam mit seiner alleinerziehenden Mutter abgeschoben werden. Dagegen protestierten heute vor dem Innenministerium seine Mitschülerinnen und Mitschüler sowie deren Eltern und Lehrkräfte. Gemeinsam mit Helene Jarmer und Peter Pilz habe ich mich dem Protest angeschlossen.

Bei der Protestaktion vor dem Innenministerium ging es darum, die geplante Abschiebung zu verhindern. Der Elternverein der Integrativen Schule Hernals hat die Aktion organisiert. Die Mutter liegt inzwischen wegen eines Nervenzusammenbruchs im Krankenhaus.

Niemand aus dem Innenministerium wollte das Protestschreiben entgegennehmen, sodass wir die vielen Unterschriften nur in der Posteingabestelle abgeben konnten.

Der Bub geht seit Herbst 2015 in die Schule, besucht die dritte Volksschulklasse und lebt mit einer zerebralen Parese. In Österreich hat er erstmals einen passenden Rollstuhl und dringend benötigte Therapie bekommen sowie gleichaltrige Freunde gefunden. In Georgien war er extremer Diskriminierung ausgesetzt. Mutter und Kind wurden auf Grund der Behinderung von ihrer Familie verstoßen und haben große Angst vor einer Rückkehr. Er ist bei uns bestens integriert und spricht bereits sehr gut Deutsch. Auch seine Mutter hat sich von Anfang an – unter anderem in der Schule – engagiert und eine mündliche Arbeitszusage.

Wir unterstützen den Protest als Grüner Klub und werden gegen die geplante Abschiebung alle möglichen parlamentarischen Mittel ergreifen.

Update (6.9.17): Nachdem es gelungen war, im Frühjahr eine Aufschiebung zu erreichen, kam nun die Hiobsbotschaft: Der Mutter wurde ein negativer Bescheid aus dem Berufungsverfahren zugestellt, mit dem ihr Asylantrag in zweiter Instanz abgelehnt wurde. Das ist erschütternd!

21. März 2017

Kriminalfall Eurofighter: blaue Nebelgranaten

2017-03-21T12:43:14+01:0021.03.17, 12:27 |Kategorien: Gesellschaft, Parteien|Tags: , , |

Die Rolle diverser blauer Herrschaften beim „Kriminalfall Eurofighter“ muss genau beleuchtet werden. Das habe ich kürzlich bei einer Pressekonferenz in Bregenz verlangt und speziell auf Parteiobmann Heinz-Christian Strache und den Vorarlberger FPÖ-Chef Reinhard Bösch verwiesen.

Die Vorwürfe seien absurd, antwortet nun Strache in einem Interview („Kampf gegen Karies statt Eurofighter“). Wirklich? Es wäre doch interessant, wenn Strache seine Firmenvergangenheit mit dem blauen Korruptionsspezialisten Gernot Rumpold offenlegen würde. Der FPÖ-Boss meinte bislang dazu nur, das sei „völlig unbedeutend“: „Ich habe eine saubere Weste.“

So einfach geht das nicht, Herr Strache. Die Bevölkerung hat ein Recht darauf zu erfahren, wohin die bereits aktenkundigen Bestechungsgelder in Höhe von 183,4 Millionen Euro geflossen sind. Und immerhin hat Strache gemeinsame Firmen mit Gernot Rumpold, dem Cheflobbyisten des Eurofighter und der Schlüsselfigur des Bestechungsskandals, betrieben. Strache meint dazu , er habe mit Rumpold die Firma „Care Partners“ betrieben und nur „Zahnfinanzierungsgeschäfte“ gemacht. Warum verschweigt er in diesem Interview, dass er gemeinsam mit Rumpold genau zum Zeitpunkt der Typenentscheidung auch Gesellschafter einer Sicherheitsfirma namens „ESS Security Services“ war? Was hat diese Firma gemacht? Angeblich wurden Söldner für den Irak angeworben. Rumpold hat über eine andere Firma von Eurofighter rund 6,6 Millionen Euro erhalten.

Auch andere FPÖ-Funktionäre, wie etwa der damalige Klubsekretär des FPÖ-Nationalratsklubs Kurt Lukasek standen im Sold des Eurofighter-Herstellers.

Daher ist auch die Rolle des Vorarlberger FPÖ-Chefs Reinhard Bösch aufklärungsbedürftig. Bösch war noch bis zur Entscheidung für den Eurofighter am 2. Juli 2002 als Mitglied des Landesverteidigungsausschusses vehementer Gegner des Eurofighter, hat sich dann über Nacht vom Saulus zum Paulus gewandelt und war plötzlich für diesen Fehlkauf. Bis heute bleibt er eine Antwort schuldig, was diesen plötzlichen Meinungswandel verursacht hat.

Bösch hat im Anschluss an diesen Meinungsschwenk parteiintern Karriere gemacht: Schon Ende 2002 wurde er Wehrsprecher der FPÖ, Anfang 2003 sogar Obmann des Landesverteidigungsausschusses. Wieso also ist Bösch so blitzartig zum Befürworter geworden? Vielleicht ist er ja nur ein strammer Parteisoldat, der jeden Meinungsschwenk der Parteispitze unkritisch mitmacht. Fakt ist, dass er als Obmann des Landesverteidigungsausschusses die Aufklärung in dieser Causa jahrelang verhindert und alle Anträge von Grünen und SPÖ auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses abgeschmettert hat. Bis heute ist er auch dafür eine Erklärung dafür schuldig geblieben.

Viel Arbeit für Peter Pilz und Gabi Moser im Untersuchungsausschuss.

16. März 2017

Statt Inklusion – ein Bildungsweg voller Hürden

2017-03-17T12:06:14+01:0016.03.17, 15:22 |Kategorien: Bildung, Gesellschaft, Integration|Tags: |

©Philipp Horak

Im gestrigen Unterrichtsausschuss ging’s inhaltlich zur Sache. Und es wurde konkret. Mit der Erlaubnis des Vaters und in Absprache mit ihm hier die konkrete Geschichte eines Kindes:

Als die Zeit der Anmeldung für die Volksschule näher rückt, ist den Eltern klar: „Emil soll in die gleiche Schule gehen, die auch sein großer Bruder besucht.“ Als Geschwisterkind müsste die Anmeldung nur ein Formalakt sein. Doch weit gefehlt. Bei der Einschreibung bekommen Emils Eltern die Auskunft, dass ihr Sohn nur unter Maßgabe der zur Verfügung stehenden SonderschullehrerInnenstunden am Schulstandort  aufgenommen werden kann. Schon sein bisheriger Bildungsweg war gespickt mit „Neins“ und Hürden, denn Emil hat das Down Syndrom. „Ob Emil nicht besser in einer Sonderschule aufgehoben wäre“, fragt die Direktorin? „Nein!“ Die Eltern sind entschieden dagegen. Emil soll an der Gesellschaft teilhaben, mit Gleichaltrigen gemeinsam aufzuwachsen in einer Umgebung, die so divers ist, wie die Menschheit! Das wollen sie für beide Söhne, für den mit Down Syndrom genauso wie für den ohne.

Wäre Emil in Südtirol zuhause, hätten sich diese Fragen gar nicht erst gestellt. In Südtirol hat jedes Kind das Recht, die nächstgelegene Volksschule zu besuchen. Hat das Kind z.B. auf Grund einer Erkrankung oder einer Behinderung einen besonderen Bedarf, so muss die Schule dafür Sorgen tragen, dass alle Voraussetzungen erfüllt werden, um den Schulbesuch zu ermöglichen. Persönliche Assistenz, eine sonderpädagogisch ausgebildete Lehrkraft, ein individueller Lehrplan oder Rückzugsräume? Alles kein Problem!

Der Kleine durfte schon nicht den Kindergarten ums Eck besuchen. Seine Eltern mussten ihn der Bezirkspsychologin vorstellen, die Emil einen geeigneten Platz zuweisen würde. Aber warum ist der Kindergarten, den Emils großer Bruder besucht und wo er schon erste Kontakte zu Kindern und Betreuerinnen geknüpft hat, nicht geeignet?

Und jetzt auch noch Probleme mit der Volksschule. Wieder eine Begutachtung – diesmal im Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik. Schule ist bei uns individualzentriert und nicht systemzentriert, d.h., das Kind muss beweisen, wo es reinpasst, und nicht das System muss zur Verfügung stellen, was das Kind braucht. Im Grunde können Eltern die Schule für ihr Kind frei wählen. War ein Geschwisterkind bereits in der Volksschule, wird man quasi automatisch aufgenommen – im Falle einer Behinderung ist es aber davon abhängig, ob genügend Kinder mit einer Behinderung angemeldet sind und ein/e SonderschullehrerIn auch in der jeweiligen Volksschule zugeteilt werden kann. Nach  kurzem bangem Warten hatte Emil den Wunschplatz.

Die vielbeschworene Wahlfreiheit haben Eltern behinderter Kinder nicht. Wollen sie ihr Kind nicht in eine Sonderschule geben, sondern ihnen die Entwicklung in einer diversen und durchaus herausfordernden, dafür aber lebensnahen Umgebung ermöglichen, müssen sie viele Kompromisse eingehen, Behördenhindernisse überwinden, Überzeugungsarbeit leisten und sich vielfach auch im eigenen Umfeld rechtfertigen. Denn obwohl Österreich die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert hat und Kinder ein Recht auf inklusive Bildung haben, ist sie noch lange nicht selbstverständlich.

Immerhin kann Emil die Nachmittagsbetreuung an der Schule besuchen. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Betreuung wird nicht von der Schule selbst, sondern von einem Verein organisiert. Wieder müssen mindestens vier Kinder mit Behinderung für die Nachmittagsbetreuung angemeldet sein, damit eine zusätzliche Person bereitgestellt wird. Sind es weniger, ist die Betreuung nicht möglich. Jedes Jahr also neuerliches Bangen, ob genügend Kinder angemeldet sind.

Tatsächlich ist die Frage, ob es eine geeignete Betreuung am Nachmittag gibt, eines der größten Hindernisse bei der Inklusion. Bieten die Sonderschulen doch eine Rundumbetreuung, inklusive Fahrtendienst und Therapieangeboten. In Regelschulen ist das nicht immer und wenn, dann nur nach Überwindung vieler Hürden möglich.

In Modellregionen zur Inklusiven Schule sollen gemeinsame Lern- und Lebensräume entstehen. Vorreiter in Österreich ist derzeit Kärnten. Dort sind in sieben von zehn Bezirken die Sonderschulen abgeschafft. Jedes Kind besucht eine wohnortnahe Regelschule, die Sonderpädagogik, Therapien, Betreuung und Pflege anbietet. Bei Bedarf können Kleingruppen eingerichtet werden oder Time-Out-Räume aufgesucht werden. Das Land hat seine Kräfte gebündelt und stellt alle Mittel, die für die Betreuung und Beschulung von SchülerInnen mit Behinderungen zur Verfügung stehen, den Schulen bereit. Die zuständige Landesschulinspektorin Dr. Dagmar Zöhrer antwortet im Ausschuss daher auf die Frage, ob denn wirklich jedes Kind eine Inklusive Schule besuchen kann, sehr bestimmt mit: „Ja. Man muss nur wissen, was man braucht.“

Emil wohnt nicht in Kärnten. Sein Hürdenlauf ist noch nicht vorbei. Denn mit dem Wechsel von der Volksschule in die Neue Mittelschule endet für den Elfjährigen die Möglichkeit der Inklusiven Nachmittagsbetreuung. Im Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik bekamen Emils Eltern die Auskunft: „Sie können Emil in die Sonderschule geben oder er kann, bis er zwölf ist, mit dem Fahrtendienst in den Sonderhort geführt werden. Ab da muss er nach der Schule abgeholt werden.“ Eine klare behördliche Diskriminierung.

Mit Hilfe des Elternvereins und der LehrerInnen, mit vielen Unterschriften in einer Onlinepetition, mit vielen E-Mails, mit Gesprächen und vielen Telefonaten gelang es, die Nachmittagsbetreuung für Emil zu erkämpfen. 2016 war er das erste Kind mit Sonderpädagogischem Förderbedarf, das dies darf. Sein Vater drückt es so aus: „Wir verstecken unsere Mitmenschen mit Behinderungen vor der Gesellschaft. Wir führen sie von einer Sondereinrichtung mit einem eigenen Fahrtendienst in die nächste Sondereinrichtung.“

Obwohl Emil für seine Entwicklung länger braucht als Gleichaltrige, ist seine Schulzeit voraussichtlich wesentlich kürzer. Sie endet für ihn nach der 9. Schulstufe. Nur in der Sonderschule könnte er noch ein bis zwei weitere Jahre verbleiben, bevor er eine Lehre beginnen müsste. Denn auch für Emil gilt die Ausbildungspflicht, ein Recht auf einen Ausbildungsplatz oder den Schulbesuch bis 18 hat er aber nicht. Dabei ist es doch das Ziel aller Inklusionsbemühungen, dass alle Menschen ihren Platz in der Gesellschaft finden.

„Wir wünsche uns für unseren Sohn eine Gesellschaft, die mit seiner Behinderung umgehen kann und ihn nicht diskriminiert und dass er mit seiner Behinderung in der Gesellschaft gut zurechtkommt“, sagt Emils Vater.

Auch die Gesellschaft muss den Umgang mit Menschen mit Behinderungen (wieder) lernen. Die MitschülerInnen von Emil werden später seine ArbeitskollegInnen oder KundInnen, seine Vorgesetzten oder NachbarInnen sein. Sie profitieren davon, wenn sie von klein auf mit der Diversität ihrer  Mitmenschen aufwachsen. Wenn sie erfahren, dass jemand anders und doch genauso wertvoll sein kann. Nichts anderes bedeutet Inklusion: Die Menschen nehmen, wie sind.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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