19. April 2020

Richard Wadani gestorben!

2020-04-19T13:20:23+02:0019.04.20, 10:49 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

Diese Nachricht macht betroffen: In der Nacht auf heute ist Richard Wadani im 98. Lebensjahr gestorben. Er war ein großer Mensch, ein mutiger KĂ€mpfer fĂŒr HumanitĂ€t und Gerechtigkeit, ein entschiedener Antifaschist. Es sind viele schöne Erinnerungen, die ich persönlich an Richard Wadani und seine Frau Linde habe.

Bekannt geworden ist der Wehrmachtsdeserteur einer breiteren Öffentlichkeit als Sprecher und spĂ€ter Ehrenobmann des Vereins „Personenkomitee Gerechtigkeit fĂŒr die Opfer der NS-MilitĂ€rjustiz“.

Das hatte natĂŒrlich mit seiner Biografie zu tun. Der 1922 in Prag geborene ĂŒberzeugte Antifaschist wurde von der Wehrmacht eingezogen und unternahm bereits 1942 einen ersten Fluchtversuch. 1944 gelang ihm die Desertion an der Westfront. Richard meldete sich freiwillig als Soldat der tschechoslowakischen Exilarmee in Großbritannien.

Im Nachkriegsösterreich war Richard zuerst fĂŒr die KPÖ aktiv, verließ die Partei aber nach dem gewaltsamen Ende des „Prager FrĂŒhlings“ im Jahr 1968. Fortan engagierte er sich vor allem zivilgesellschaftlich – so setzte er sich beispielsweise massiv ein fĂŒr die die Aberkennung des Ehrengrabs fĂŒr die Nazi-Ikone Walter Nowotny.

Richard war aber vor allem die treibende Kraft, als es darum ging, die Rehabilitierung der Wehrmachtsdeserteure zu erreichen. UnterstĂŒtzt wurde er dabei vom Politologen Walter Manoschek und einigen seiner Studenten wie Thomas Geldmacher oder Hannes Metzler. Dass ich ihn und die Gruppe dabei als Abgeordneter begleiten durfte  („Gerechtigkeit fĂŒr Wehrmachtsdeserteure!“), war eine der positivsten Erfahrungen in meiner Zeit im Nationalrat.

Er ließ es sich auch bis zuletzt nicht nehmen, fĂŒr seine Sache – Erinnerung und Gerechtigkeit – einzutreten. Sogar in Vorarlberg war das spĂŒrbar: Das Denkmal am Sparkassenplatz in Bregenz wurde im November 2015 eingeweiht. Inspiriert waren die dabei vor allem von ihm. Damit setzten die Macher und mit Ekkehard Muther der Initiator des Denkmals in Vorarlberg das fort, was Richard in einem jahrzehntelangen Kampf österreichweit immer wieder gefordert hatte und was auf Bundesebene u.a. in das Aufhebungs- und Rehabilitierungsgesetz (2009) und in die Errichtung des Deserteursdenkmals am Ballhausplatz gemĂŒndet hatte.

Seiner Frau Linde und seiner ganzen Familie mein tief empfundenes Beileid!

6. April 2020

Corona-Diktatur, Orbán und Österreich

2020-04-06T18:14:44+02:0006.04.20, 18:14 |Kategorien: Allgemein|

Was haben Corona-Diktatur, Orbán und Österreich miteinander zu tun? Leider mehr, als uns lieb sein kann.
In meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich das unter dem Titel „Corona-Diktatur?“ nĂ€her ausgefĂŒhrt.

GefÀhrliche Zeiten! Die Corona-Pandemie wird abebben, dann können die Menschen wieder aufatmen. Das Virus hat aber nicht nur Menschen infiziert, sondern in vielen LÀndern auch die Demokratie.

In Ungarn hat sich das Parlament selbst ausgeschaltet. Bei uns hat der Begriff „Selbstausschaltung“ ein „GschmĂ€ckle“: Er wurde im MĂ€rz 1933 von Engelbert Dollfuß verwendet, als er nach einem Formalfehler der damaligen ParlamentsprĂ€sidenten mit Polizeigewalt den Nationalrat dauerhaft aufgelöst hatte. Das war also keine „Selbstausschaltung“, sondern ein Staatsstreich.

Ganz anders letzte Woche in Ungarn. Dort hat OrbĂĄns Fidesz-Partei nach einer Wahlrechtsreform mit 44,5 Prozent der Stimmen eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament. Und diese Abgeordneten beschlossen mit Berufung auf die Corona-Pandemie aus freien StĂŒcken die zeitlich unbegrenzte eigene Entmachtung. Viktor OrbĂĄn ist somit quasi Alleinherrscher.

Vorbild China?

Noch ist in Ungarn die Demokratie nicht vollstĂ€ndig beseitigt.  Ob das Land nach der Pandemie wieder zum Parlamentarismus zurĂŒckkehrt, liegt de facto allein in der Hand OrbĂĄns. Seine „Corona-Diktatur“ könnte also Bestand haben – untragbar fĂŒr einen EU-Staat.

Der ungarische Premier sollte daran erinnert werden, dass er ganz gut von der EU lebt. Ungarn erhĂ€lt jĂ€hrlich 5,2 Milliarden – Österreich als Nettozahler steuert 1,3 Milliarden bei. Dennoch wettert OrbĂĄn permanent gegen die „BrĂŒsseler Technokraten“, verweigert – etwa in der FlĂŒchtlingsfrage – solidarisches Verhalten und preist autoritĂ€re Vorbilder wie Putin, Erdogan oder das kommunistische China.

Und die EU?

Was macht die EU in dieser kritischen Situation? 16 Mitgliedsstaaten – darunter Deutschland und Frankreich – haben aus Sorge um die Demokratie in Ungarn in einem Aufruf die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit eingemahnt. Das ist ein richtiges Signal – mehr aber auch nicht.

Die Möglichkeiten der Verantwortlichen in BrĂŒssel sind beschrĂ€nkt. Schuld daran ist der Egoismus der Mitgliedsstaaten. Es liegt an ihnen, dafĂŒr zu sorgen, dass die EU stĂ€rker wird und wirksame Instrumente erhĂ€lt, um Versuche zur Ausschaltung einer unabhĂ€ngigen Justiz wie in Polen, die EinschrĂ€nkung der Pressefreiheit oder gar ein zeitlich unbegrenztes Notstandsrecht wie in Ungarn zu verhindern.

Österreich ist gefordert

Die Entwicklung in Ungarn und Polen betrifft auch uns, zumal etwa NationalratsprĂ€sident Sobotka schon durchblicken hat lassen, dass autoritĂ€re Entwicklungen auch bei uns möglich sind. Kanzler Sebastian Kurz verweigerte zudem eine Stellungnahme zu den VorgĂ€ngen in Ungarn, er habe leider „keine Zeit“ gehabt, sich damit zu beschĂ€ftigen. Irritierend.

Übrigens hat sogar OrbĂĄn im Nachhinein den Aufruf unterschrieben und macht sich damit auch noch lustig ĂŒber die anderen Staaten. Sein Land war zwar gemeint, wurde aber nicht namentlich erwĂ€hnt. Gefragt sind daher deutlichere Worte.

23. MĂ€rz 2020

Corona, Geldgier und die Medien

2020-03-23T19:01:03+01:0023.03.20, 16:09 |Kategorien: Gesellschaft, Gesundheit und Pflege, Medien|Tags: , , |

In den „VN“ habe ich unter dem Titel „Spannende Zeiten“ einen Kommentar zu den Auswirkungen der Corona-Krise geschrieben:

„Du mögest in spannenden Zeiten leben!“ Dieser „vergiftete“ Wunsch wird auch als „Chinesischer Fluch“ bezeichnet. Heute, mitten in „spannenden Zeiten“, erahnen auch wir, was mit dem Fluch gemeint ist.

Wie sollen wir umgehen mit der Corona-Krise? Wo liegen die Gefahren? Was ist aufgebauscht, was ein wirkliches Problem? Zu alledem gibt es seriöse und weniger seriöse, zum Teil auch skurrile Wortmeldungen.

Den Vogel abgeschossen hat wieder einmal die FPÖ. Sie forderte am Freitag die Regierung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie allen Ernstes zur „Lenkung der Medienberichterstattung“ auf. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Opposition fordert die Regierung zur Einflussnahme auf unabhĂ€ngige Medien auf.

Pressefreiheit?

Mit der verfassungsrechtlich abgesicherten Pressefreiheit ist das nicht vereinbar. NatĂŒrlich ist es ein Ärgernis, wenn einige Boulevard-Medien durch ihre reißerische Berichterstattung Angst verbreiten. Das ist leider ihr GeschĂ€ftsmodell und war wĂ€hrend der FlĂŒchtlingskrise nicht anders. Damals ĂŒbrigens sogar befeuert durch die FPÖ.

Die Politik hat ausreichend Möglichkeiten, die Bevölkerung sachlich zu informieren. Und sie macht das derzeit auch. In einer Demokratie ist die EinschrĂ€nkung der Medienfreiheit ein SĂŒndenfall. Die FPÖ-Freunde in Ungarn tun seit einiger Zeit genau das.

Gerade jetzt braucht es aber kritische und unabhĂ€ngige Medien. Bei nicht wenigen Medienschaffenden hat man den Eindruck, sie gehörten zur journalistischen „Gebetsliga fĂŒr Sebastian Kurz“. Zwar macht derzeit die Regierung insgesamt – und ja, auch der Kanzler – einen guten Job, Aufgabe der Berichterstattung ist aber nicht die BeweihrĂ€ucherung, sondern neben der Information auch das kritische Hinterfragen.

Fragen drÀngen sich auf

Und zu hinterfragen gibt es einiges: Wie konnte Ischgl zur europĂ€ischen Virenschleuder werden? Die Behörden in Island haben schon am 29. Februar auf die Gefahr hingewiesen, als etliche zurĂŒckgekehrte Urlauber aus Ischgl eine Corona-Infektion aufwiesen. FĂŒnf Tage spĂ€ter wurde Ischgl mit dem chinesischen Wuhan und dem Iran auf die gleiche Stufe gestellt. Warnungen gab es auch aus Norwegen. In Tirol hingegen erklĂ€rte man, eine Gefahr sei „wenig wahrscheinlich“.

Ähnliche FehleinschĂ€tzungen gibt es fĂŒr St. Christoph und St. Anton. Die Auftritte des Tiroler Gesundheitslandesrats und des Landeshauptmanns mit ihrem stereotypen „Wir haben keine Fehler gemacht“ waren an Peinlichkeit kaum zu ĂŒberbieten. Hat auch die Bundesregierung Hinweise ignoriert? Wer trĂ€gt die Verantwortung und wie wird sie wahrgenommen? Welche Rolle hat die Seilbahnwirtschaft gespielt? Welche die Tourismus-Verantwortlichen?

Aufgabe von Medien (und der Opposition) ist es, diese und weitere Fragen zu stellen. „Message-Control“ durch die Regierung oder gar direkter Einfluss auf die Presse sind indiskutabel – zumal in diesen kritischen Zeiten.

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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