25. November 2015

„Rassische Durchmischung“? NS-Sprache und ein entlarvendes Nachspiel im Nationalrat

2015-11-25T16:05:05+01:0025.11.15, 15:35 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Integration, Nationalrat|Tags: , , , , , |

rede_nr_zur-zeit

Abg. RĂ€dler: Linke Hetze! – Zwischenruf des Abg. Mölzer. – Abg. Peter Wurm: Walser, gehen Sie nach Nordkorea, ist gescheiter! – Gegenruf der Abg. Korun. – Abg. Lausch: Übers Budget hat er nicht einmal ein Wort gesagt! – Abg. RĂ€dler: Linke Hetze wird rechten Sturm ernten!*

Nach Nordkorea wĂŒnscht mich also der FPÖ-Abgeordnete Peter Wurm. Der linken Hetze bezichtigt mich der ÖVP-Abgeordnete und Integrationssprecher (!) Johann RĂ€dler. EinmĂŒtigkeit also zwischen Blau und Schwarz gestern im Nationalrat. Dazwischen auch noch: „Ruf bei der ÖVP – in Richtung FPÖ –: Das lasst ihr euch gefallen.“*

Hintergrund war unser Antrag, die Presseförderung fĂŒr die rechtsextreme Zeitschrift „Zur Zeit“ zu streichen. Der Anlass: ein Foto, das dem Pressedienst der Stadt Wien entnommen und seitens der Redaktion von „Zur Zeit“ mit einer neuen Bildunterschrift versehen wurde: „Kindergarten in Wien: Die rassische Durchmischung ist unĂŒbersehbar“

Die FPÖ-nahe Wochenzeitschrift (Chefredakteur ist der Nationalratsabgeordnete Wendelin Mölzer, der diese Funktion von seinem Vater Andreas geerbt hat) erhielt alleine im heurigen Jahr eine Vertriebsförderung nach dem Presseförderungsgesetz in der Höhe von € 47.457,50. Steuergeld finanziert also offenkundig rassistische Inhalte in einer Diktion, die direkt aus dem Nationalsozialismus stammen könnte. Diese Entgleisung war nicht die erste, seit ihrer GrĂŒndung im Jahr 1997 ist die Postille regelmĂ€ĂŸig durch rechtsextreme Inhalte aufgefallen.

Die Wort- und Zwischenmeldungen in der gestrigen Nationalratssitzung offenbarten zwei Dinge: Wo die FPÖ zweifelsfrei zu verorten ist und wie nahe ihr und diesem Gedankengut manche Mandatare und Mandatarinnen aus der ÖVP stehen. Nachgelegt hat auch noch die ÖVP-Abgeordnete Angelika Winzig, die in Richtung unserer Integrationssprecherin Alev Korun meinte: „Sie fordern eine Politik fĂŒr Zusammenleben und Gleichstellung. Ja, das fordern wir auch, aber wenn ich heute das Interview mit Ihrem tĂŒrkischen Landsmann, und zwar dem Vorsitzenden der oberösterreichischen Muslime lese, so steht da: Frauen sind psychisch und physisch schwach, und MĂ€nner haben die Entscheidungsgewalt, dann sehe ich, dass die Integration nur auf der einen Seite erfolgt, aber nicht auf der anderen Seite.“* Bemerkenswert: Alev Korun ist natĂŒrlich österreichische StaatsbĂŒrgerin, anderfalls wĂ€re sie ja auch nicht Abgeordnete. Aber „einmal TĂŒrk, immer TĂŒrk“ – so scheint zumindest die vorurteilsbehaftete Gedankenwelt von Angelika Winzig beschaffen zu sein.

Meine Rede zum Antrag kann hier (rede_zur-zeit) nachgesehen werden. Wir haben aufgrund der Veröffentlichung von „Zur Zeit“ auch beim Presseethikrat Anzeige erstattet.

*Zitate aus dem stenographischen Protokoll

23. Oktober 2015

Sprachverbot ist dumm und bösartig!

2015-10-24T10:58:06+02:0023.10.15, 11:22 |Kategorien: Bildung|Tags: , , , , |

SprachenvielfaltLange hat es nicht gedauert, bis der konservative-reaktionĂ€re MĂ€nnerbund in der schwarz-blauen oberösterreichischen Landesregierung Anlass fĂŒr krĂ€ftiges KopfschĂŒtteln gibt.

Der gestern prĂ€sentierte Koalitionspakt zwischen ÖVP und FPÖ hat es in sich. Man will die „Schulsprache Deutsch“ verbindlich in den Hausordnungen von Schulen verankern. Ich habe das heute in einer Aussendung als „schlicht dumm und bösartig“ bezeichnet. Auch im Nationalrat war das Sprachverbot schon Thema: „Deutsch als Pausensprache“ und österreichischer Parlamentarismus

NatĂŒrlich ist es sinnvoll, wenn alle Kinder in der Schule Deutsch reden, und es ist unterstĂŒtzenswert, wenn sich in den Schulen auf freiwilliger (!) Basis alle darauf einigen. Aber Kinder zu zwingen, sich auch in der Pause ausschließlich auf Deutsch zu unterhalten, widerspricht sprachdidaktischen und pĂ€dagogischen Erkenntnissen. Das bestĂ€tigt die gesamte Fachszene in Österreich. Zudem ist es schlicht rechtswidrig und verstĂ¶ĂŸt sowohl gegen Artikel 8 der Menschenrechtskonvention als auch gegen Artikel 1 der Bundesverfassung ĂŒber die Rechte des Kindes.

Das Verbot einer Sprache am Pausenhof ist zudem kaum zu administrieren. Oder wollen wir ein staatlich organisiertes „Vernaderungssystem“? Sollen Kinder andere Kinder anzeigen, wenn die in ihrer Muttersprache reden? Will man in Oberösterreich eine Art Sprachblockwarte einfĂŒhren?

Das Verbot einer Sprache bewirkt das genaue Gegenteil von Integration. Der rechtskonservative bis reaktionĂ€re MĂ€nnerbund in der schwarz-blauen oberösterreichischen Landesregierung sollte die wirklichen Probleme unseres Schulsystems anpacken und die Weichen in Richtung eines modernen Schulsystems stellen, statt populistische Stammtischparolen in ein RegierungsĂŒbereinkommen zu schreiben.

30. MĂ€rz 2015

Asyl: „Aufstand gegen Unmenschlichkeit“

2015-03-30T15:10:00+02:0030.03.15, 14:38 |Kategorien: Gesellschaft, Integration, Menschenrechte|Tags: , , , |

Der Saal in Alberschwende war voll, als zu einem Informationsabend ĂŒber die Situation jener FlĂŒchtlinge geladen wurde, die seit kurzem in der Vorarlberger Gemeinde untergebracht worden sind.
Die BĂŒrgermeisterin Angelika Schwarzmann, der Pfarrer, der Tierarzt 
 alle waren da. Sie sind zornig und haben ein Schreiben verfasst: „Der Bund trat mit der Bitte an die Gemeinden heran, AsylplĂ€tze zu schaffen. Zahlreiche Gemeinden und Privatpersonen wurden aktiv und stellten PlĂ€tze zur VerfĂŒgung.“ Das Dorf wollte „ein positives Beispiel im leidigen Asylthema setzen“, die Asylwerber wurden „offenherzig aufgenommen“. „Wir erkennen die Not, die Traumata, und wir realisieren Unmenschlichkeit und WillkĂŒr wĂ€hrend der Flucht und die unsĂ€gliche BĂŒrokratie.“
Jetzt protestiert man gegen unhaltbare ZustÀnde in der Abschiebepraxis des Bundes.
Da ist etwa der Maschinenbauer Ibrahim, der in Dresden Luftfahrttechnik studieren möchte und bereits eine Zusage erhalten hatte. Der Krieg kam dazwischen. Er flĂŒchtete und landete in Ungarn. Laut Dublin-Abkommen gilt das Land als „sicherer Drittstaat“. Doch im Land von Viktor OrbĂĄn hĂ€ufen sich die Berichte ĂŒber Misshandlungen von FlĂŒchtlingen und rechtsradikale Übergriffe. Der EuropĂ€ische Gerichtshof hat Ungarn schon mehrfach verurteilt. Auch Ibrahim berichtet vom Eingesperrtsein in einem KĂ€fig, SchlĂ€gen und Essensentzug.
Seinen Asylantrag hat das Bundesamt fĂŒr Fremdenwesen und Asyl zurĂŒckgewiesen. Er will verstĂ€ndlicherweise nicht zurĂŒck nach Ungarn. Die AlberschwenderInnen wollen das glĂŒcklicherweise auch nicht.
Übrigens: In Lauterach wehren sich aktuell die Direktorin, LehrerInnen und SchĂŒlerInnen der Neuen Mittelschule gegen die Abschiebung von zwei Kindern in den Kosovo („Aufstand gegen Unmenschlichkeit“). Sie fĂŒrchten sich wie die Eltern vor der Abschiebung in ihr angeblich „sicheres“ Heimatland. Die ganze Familie ist gut integriert, die Kinder lernwillig. Die Direktorin schreibt mir: „Den beiden Kindern – Aurite und Riza – wird die Chance auf ein lebenswertes Leben genommen.“ Kinder und LehrkrĂ€fte kĂŒndigen anhaltenden Widerstand an und haben einen Brief an die zustĂ€ndigen Stellen verfasst, um den weiteren Aufenthalt der Familie Isufi sicherzustellen: Familie Isufi. Übrigens wie in Alberschwende sind auch in Lauterach der BĂŒrgermeister Elmar Rhomberg und Dorfpfarrer Werner Ludescher „voll dabei“.
Ich bin nicht wenig stolz auf Vorarlberg!

WofĂŒr ich stehe?

Ich stehe fĂŒr soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles ĂŒber meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, AntrĂ€ge und Ausschussarbeit.


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