Der Fall des FPÖ-Nationalratsabgeordneten Johannes Hübner belegt einmal mehr, dass sich die FPÖ von ihrer braunen Vergangenheit nicht so einfach lösen kann: Dazu bräuchte es den Mut und den Willen, sich einer historisch-korrekten objektiven Aufarbeitung der eigenen Parteigeschichte zu stellen – und daraus auch die Konsequenzen zu ziehen. Nichts davon ist vorhanden. Hübners Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur für den Nationalrat war kein freiwilliger, sondern ein von außen erzwungener. Hätte die FPÖ an Hübner festgehalten, wären Probleme bei einer eventuellen Koaltionsbildung nach dem 15. Oktober unvermeidlich gewesen.

Zu glauben, Hübners Äußerungen wären einfach passiert, aus einer „Dummheit“ resultiert, die „auf einer Fehlinformation vom Vortag [der Rede beim Kongress, Anmk. H.W.] basiert habe“, wie Hübner bezüglich der Punzierung von Hans Kelsen mit „Hans Kohn“ behauptete, wäre ein völliger Trugschluss. Schon alleine die Tatsache von Hübners Auftritt auf einem Kongress, der bezüglich der ideologischen Ausrichtung seiner Teilnehmer keinerlei Interpretatonsspielräume offenlässt, hätte bei Bekanntwerden einen Aufschrei provozieren müssen. Doch sehr klare Hinweise darauf durch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW) und auch von uns Grünen wurden ignoriert. Auch eine Notiz des DÖW aus dem Juli 2016 – also kurz nach dem Kongress – fand keinen Widerhall, weder in den österreichischen Medien noch in der Politik:

„Bemerkenswerter erscheint jedoch die prominente Rolle eines weiteren Österreichers auf der Veranstaltung: mit Johannes Hübner hatte immerhin ein österreichischer Nationalratsabgeordneter (FPÖ) den Weg nach Kirchheim gefunden – und verschaffte damit dem Geschichtsfälscher-Treffen und den dort vertretenen Thesen eine selten erfahrene symbolische Aufwertung.“

Die Brisanz von Hübners antisemitisch konnotierten „Bonmots“ war denjenigen aus der GfP, die das Redemanuskript redigierten, klar bewusst. Anders ist es nicht zu erkären, warum zwei wesentliche Passagen schriftlich nachkorrigiert wurden: Aus „Hans Kohn“ wurde „Hans Grohm“ und „sogenannter“ vor „Holocaust-Überlebender“ wurde gestrichen.

Im Fall Hübner hat die FPÖ nun die für sie (und Hübner) am wenigsten schmerzliche Lösung gewählt: kein Rücktritt, sondern nur der Verzicht auf eine neuerliche Kandidatur, kein Parteiausschluss. Das, obwohl die einstige FPÖ-Abgeordnete Susanne Winter für weniger aus der Partei geworfen wurde, denn sie hatte einen antisemitischen Kommentar auf ihrer Facebook-Seite „nur“ gutgeheißen. Der FPÖ-Generalsekretär Kickl bedauerte offiziell Hübners Schritt, vom urlaubenden Parteichef Strache war und ist bislang nichts zu hören.

Alles das werden wir in der FPÖ in Varianten wieder erleben. Dass der Hübner-Freund Andreas Mölzer nun beim nächsten GfP-Kongress auftreten wird, ist für jene, die es wissen wollen, bekannt. Dass er dort wieder den ideologischen Geschmack des einschlägigen Publikums bedienen wird, ist vorhersehbar. Reaktionen darauf gibt es keine. Der eine und andere Skandal wird auch in Zukunft wieder hochschwappen. Er wird in der strukturellen Beschaffenheit der FPÖ jedoch genauso viel ändern wie jener um Hübner und den unzähligen anderen, die dem vorausgingen: nämlich gar nichts. Das sollten ÖVP und SPÖ bedenken, wenn sie sich mit der FPÖ in Regierungsbett legen.