20. Juni 2024

Gewessler und die inferiore ÖVP

2024-06-20T08:34:08+02:0020.06.24, 8:34 |Kategorien: Klima und Umwelt|Tags: , , |

Da tut eine Grüne Ministerin, was sie tun muss und zuvor angekündigt hat: Sie stimmt auch auf EU-Ebene für den Klima- und Naturschutz. Und die ÖVP ist schon wieder völlig aus dem Häuschen, weil sie die Interessen der Agrar-Lobby und der Partei mit der Gesamtverantwortung für Österreich verwechselt. Unter dem Titel „Die Natur hat gewonnen!“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten diesen Kommentar veröffentlicht:

Die Grünen haben sich im Vorfeld der EU-Wahlen alles andere als mit Ruhm bekleckert. Leonore Gewessler hat am Montag mit der Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz einiges von der verlorenen Glaubwürdigkeit zurückgewonnen.

An dieser Stelle wurde schon ausführlich darauf hingewiesen, warum dieses Gesetz so wichtig ist. Über 80 Prozent der Lebensräume in Europa sind ökologisch in einem schlechten Zustand. Die EU will das ändern. Dafür war Österreichs Zustimmung entscheidend, denn nur dadurch gab es die erforderliche „qualifizierte Mehrheit“.

Laut Finanzminister Magnus Brunner hat Gewessler damit „gegen Bundesinteressen“ gehandelt. Definiert wirklich nur die ÖVP, was „Bundesinteressen“ sind? Sind die Interessen des Bauernbundes gleichzeitig auch die Interessen des Bundes und der naturnah arbeitenden Bauern? Ein Großteil der Menschen in Österreich sieht das anders. Laut einer repräsentativen Umfrage des market-Instituts sind 82 Prozent der Bevölkerung für die Zustimmung Österreichs.
Die ÖVP beziehungsweise ihre Landeshauptleute hingegen verweisen auf eine ablehnende Stellungnahme der Landeshauptleute, an welche die Ministerin auf EU-Ebene gebunden sei. Ob diese bindend ist, klären jetzt Juristen.

Einerseits wurden viele von den Landeshauptleuten vorgebrachte Bedenken inzwischen im Gesetz berücksichtigt. Deshalb sind ja zwei Bundesländer vom früheren „Njet“ abgerückt. Zudem wird in einem von Johannes Huber auf „diesubstanz.at“ zitierten Gutachten das Zustandekommen des LH-Beschlusses als nicht rechtskonform bezeichnet, weil eine derart weitreichende Stellungnahme nur der „Integrationskonferenz der Länder“ zustehe, dort hätten auch die Landtagspräsidenten ein Stimmrecht. Die aber hat gar nicht getagt.

Weiters bestätigen viele Rechtswissenschaftler das rechtskonforme Handeln Gewesslers. Etwa Daniel Ennöckl, Vorstand des Instituts für Rechtswissenschaften der BOKU Wien, oder der Verfassungsrechtler Heinz Mayer. Sie argumentieren damit deutlich anders als die von der ÖVP ins Treffen geführten Juristen und der Verfassungsdienst im Bundeskanzleramt.

International wurde Österreich zur Lachnummer. Die renommierte Süddeutsche Zeitung beispielsweise bezeichnete unter der Überschrift „Das Gezetere der ÖVP“ deren Vorgangsweise als „Lächerlichkeit“.

Bei alledem geht fast unter, worum es eigentlich geht: Das Renaturierungsgesetz ist ein wichtiger Schritt raus aus der Biodiversitätskrise, stärkt die Artenvielfalt ebenso wie die Ernährungssicherheit und trägt zum Klimaschutz bei. Eine deutliche Mehrheit in der EU sieht das so.

In Österreich argumentieren konservative Gegner der Zustimmung, dass es für wirksamen Klima- und Umweltschutz „keine Zurufe aus Brüssel“ brauche. Die Bundesländer würden ihre Verantwortung schon jetzt wahrnehmen. Umso besser! Warum aber, so fragt man sich, gibt es dann so vehementen Widerstand gegen das Gesetz?

5. Juni 2024

ÖVP von allen guten Geistern verlassen

2024-06-05T12:49:15+02:0005.06.24, 12:49 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , , |

Was ist nur los mit der ÖVP? Sie ist offenkundig in Panik und irrlichtert politisch seit Monaten. Unter dem Titel „Vernunft steht Kopf!“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar veröffentlicht. Hier zum Nachlesen:

Bundeskanzler Karl Nehammer mobilisierte am Montag für den Verbrennermotor. Seine indirekte und gegen alle Wissenschaft formulierte Botschaft: Österreich soll das auf EU-Ebene beschlossene Aus für den Verbrennermotor ab 2035 wieder kippen. Dabei gibt es dieses Aus gar nicht. Die von Nehammer so vehement geforderte „Technologieoffenheit“ ist gewährleistet. Beschlossen ist nur, dass Antriebsmotoren CO2-neutral sein müssen. Wasserstoffantriebe sind also durchaus möglich.

In Wirklichkeit will Nehammer kurz vor den Wahlen politisches Kleingeld lukrieren, der FPÖ einige Stimmen abspenstig machen und Diesel-Aficionados vermitteln, er wolle die „Stinker-Autos“ retten. Steht die Vernunft Kopf?
In den großen Auto-Konzernen weiß man ebenso wie auf internationalen Börsen: Die Zukunft des Individualverkehrs heißt E-Mobilität. In diesem Bereich ist die Infrastruktur – vor allem Ladestationen – inzwischen weitgehend vorhanden. Der Chef des größten deutschen Autokonzerns VW verlangt daher, dass das auch die Politik klarstellt. Europas Konzerne brauchen Sicherheit, um gegenüber China und den USA nicht noch weiter in Rückstand zu gelangen.

Ökonom als Mahner

Auch Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hat am Samstag im Ö1-Mittagsjournal betont, der Ausstieg aus fossiler Energie sei unabdingbar und zudem wirtschaftlich eine große Chance. Die E-Mobilität ist die Technologie der Zukunft. Daran wird auch die ÖVP nichts ändern können.

In einem anderen Bereich aber kann ihre Blockade fatale Folgen haben. Über 80 Prozent der Lebensräume in Europa sind ökologisch in einem schlechten Zustand. Auf EU-Ebene will man daher bis 2030 kranke Wälder wieder klimafit machen, Moore wieder bewässern und als CO2-Speicher nutzen, zahlreiche „Flussautobahnen“ renaturieren. Die Mehrheit ist dafür, es braucht aber eine „qualifizierte“ Mehrheit. Österreich ist das Zünglein an der Waage, blockiert den Beschluss aber.

Bei uns wollen Landeshauptleute und Wirtschaftskammer-Funktionäre noch immer mit Methoden des 20. Jahrhunderts die wirtschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts meistern. Das gefährdet den wirtschaftlichen Fortschritt und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Dabei gibt es hierzulande schon einige Vorzeigeprojekte. Man denke etwa an den renaturierten Emmebach entlang der Autobahn bei Altach, das sanierte Hochmoor Schollenschopf in Hohenems oder die geplante Renaturierung des Rheins im Zuge des Hochwasserschutzprojektes „Rhesi“. Das reicht aber natürlich nicht. Es braucht auf EU-Ebene das für alle Mitgliedsstaaten verbindliche Renaturierungsgesetz.

Das von den ÖVP-Landeshauptleuten – in der SPÖ scheint ein Umdenken inzwischen möglich – zu verantwortende Nein zu diesem Gesetz verhindert derzeit die notwendige Mehrheit auf EU-Ebene. Kann es sein, dass Landeshauptleute aus Österreich einen für den ganzen Planeten wichtigen Beschluss auf EU-Ebene verhindern? Es kann sein. Es dürfte aber nicht sein!

11. April 2024

ÖVP auf Abwegen

2024-04-11T13:29:52+02:0011.04.24, 13:21 |Kategorien: Allgemein, Parteien|Tags: , , |

Die ÖVP ist in vielfacher Hinsicht in Turbulenzen. Sie steckt in einem massiven Umfragetief, ist noch tiefer in den Spionage-Skandal rund um die ehemaligen Geheimdienstbeamten Egisto Ott und Martin Weiß verstrickt und wird wegen ihrer tollpatschigen Ablenkungsmanöver und PR-Kampagnen fast schon mehr bemitleidet als kritisiert. Unter dem Titel „Wohin driftet die ÖVP?“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Seit einiger Zeit versucht die ÖVP bei jenen zu punkten, die sie in den letzten Jahren an die FPÖ verloren hat. Das allerdings geschieht mit untauglichen Inhalten und Mitteln: Parolen wie „Tradition statt Mulitkulti“ untermalt mit Bildern vom – in Vorarlberg nicht sehr verbreiteten – „Maibaumaufstellen“, die versprochene Rettung des gar nicht bedrohten „Schnitzels“ und der Blasmusik lassen die Öffentlichkeit eher verstört und ratlos zurück. Wenn sich dann auch noch der Blasmusik-Verband umgehend von der parteipolitischen Vereinnahmung distanziert, ist das PR-Fiasko perfekt.

Der deutsche „Spiegel“ titelte: „Nehammers ‚Leitkultur‘-Kampagne wird zum Rohrkrepierer.“

Verniederösterreicherung

Zentrum dieser Entwicklung der ÖVP ist ihr Kernland Niederösterreich mit Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner an der Spitze. Ihre Landsleute Karl Nehammer und Christian Stocker stimmten in den türkisen Chor ein. Wenn die niederösterreichische ÖVP dem ganzen Land eine Wertediskussion aufzwingen will, lohnt sich ein Blick auf die Werte der dortigen ÖVP.

Sie ist in einer Koalition mit der FPÖ – was vor der Wahl dezidiert ausgeschlossen worden war. Ehrlichkeit? Die Landeshauptfrau wurde vom späteren Koalitionspartner übelst beschimpft und verächtlich gemacht („Moslem-Mama“, sie betreibe „Multi-Kulti-Wahnsinn“ und eine „Zwangsislamisierung“ etc.). Selbstachtung? Der FPÖ-Obmann und jetzige Landeshauptfrau-Stellvertreter ist Udo Landbauer. Er gehörte einer Burschenschaft an, in der man die Ermordung von sechs Millionen Juden nicht verharmlost, sondern sogar gutgeheißen hat. In einem ihrer Lieder hieß es: „Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.“

Am vergangenen Wochenende wurden politische Gegner beim FPÖ-Parteitag in NÖ als „Räuber“, „Monster“, „Folterknechte“, „Lügner“, „Spinner“ usw. bezeichnet. Sie ist auch jene Partei, die als einzige das Messerverbot im öffentlichen Raum ablehnt. Wa­rum? Sie ruft nicht nur sinnbildlich zum „Messerwetzen“ auf, sondern bietet das bei ihren Parteiveranstaltungen sogar an. Hat hier jemand ein politisches Interesse an einer Zuspitzung vorhandener Probleme, statt diese lösen zu wollen?

Die ÖVP will über Grundwerte diskutieren und hinterfragt Koalitionen mit dieser Truppe nicht?

Spürbarer Widerstand?

In einem liberalen Rechtsstaat sind die Akzeptanz der Verfassung und die Einhaltung der Gesetze die obersten Werte. Bei Verstößen treten Polizei und Justizsystem in Aktion. Werthaltungen hingegen kann man nicht vorschreiben, man muss sie vorleben.

Immerhin: Auch innerhalb der ÖVP sehen viele die Entwicklung ihrer Partei kritisch, darunter auch Bürgermeister wie Kurt Fischer oder Rainer Siegele. Der Mäderer Bürgermeister hat sogar öffentlich seinen Parteiaustritt angekündigt: Das sei nicht mehr seine Partei. Vorarlbergs ÖVP-Obmann Markus Wallner sollte das nicht stillschweigend übergehen, sondern als Denkanstoß nehmen.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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