23. November 2023

Israel und die Hamas

2023-11-23T07:44:44+01:0023.11.23, 6:27 |Kategorien: Allgemein, Menschenrechte|Tags: , , |

Wir tun gut daran, bei der Einschätzung der äußerst komplizierten Situation im Nahen Osten Vorsicht walten zu lassen. Eines aber ist klar: Menschenleben müssen Vorrang haben. Unter dem Titel „Israel und die Hamas“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar geschrieben. Hier zum Nachlesen:

„Die Hamas hat zuletzt deutlichen Zuspruch erfahren. Und wir müssen eingestehen, dass Israel dazu beigetragen hat. Die israelische Regierung hätte stärker auf die moderaten Kräfte unter den Palästinensern zugehen müssen, wie (…) Mahmoud Abbas, den Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde.“

Das Zitat ist über einen Monat alt und stammt aus einem Interview, das der ehemalige israelische Ministerpräsident Ehud Olmert dem deutschen „Tagesspiegel“ gegeben hat. Inzwischen traut sich kaum noch jemand, eine differenzierte Analyse zu machen. Wer nicht alle Maßnahmen der israelischen Regierung gutheißt, steht umgehend im Verdacht eines kaum verhüllten Antisemitismus.

„Kein luftleerer Raum“

Das hat auch UN-Generalsekretär Guterres zu spüren bekommen, als er vor einer Sitzung des Sicherheitsrats eigentlich Selbstverständliches gesagt hat: Der Hamas-Terror habe „nicht im luftleeren Raum“ stattgefunden und keine Konfliktpartei stehe über dem humanitären Völkerrecht. Auch er hatte zuvor die Hamas scharf kritisiert. Das reichte aber offensichtlich nicht aus.

Inzwischen tut sich Unvorstellbares. Demonstrationen hunderttausender Menschen in Metropolen wie London und Paris ziehen mit der Losung „Free Palestine from the river to the sea“ durch die Straßen. Gemeint ist damit natürlich die Vernichtung des Staates Israel. Dass derart extremistische Parolen auch bei uns zunehmend auf Zustimmung finden, muss alle Alarmglocken läuten lassen.

Einerseits verweist es auf die Radikalisierung hierzulande, andererseits verschieben sich offenkundig politische und ethische Maßstäbe weltweit. Und es verweist auf ein weiteres Problem: Das barbarische Kalkül der Hamas scheint aufzugehen: Die israelische Regierung ist drauf und dran, den Krieg der Bilder ausgerechnet gegen die mörderische Terrororganisation Hamas und deren unfassbaren Gräueltaten vom Oktober zu verlieren.

Was tun?

Genau darauf hat Ehud Olmert im eingangs wiedergegebenen Zitat hingewiesen. Dennoch ist auch ihm klar, dass Israel trotz aller Versäumnisse derzeit gefordert ist, alles Erforderliche zu tun, die Hamas zu erledigen. Über die Mittel dazu sollte aber nachgedacht werden. Und Olmert verweist darauf, dass Versäumnisse israelischer Politik in den letzten Jahrzehnten ursächlich mit den gegenwärtigen Problemen zu tun haben: „Wir haben dazu beigetragen, weil wir keinen glaubwürdigen Verhandlungsprozess verfolgt haben und die dialogbereiten Kräfte nicht gestärkt haben.“

Wir in Österreicher tun natürlich ebenso wie die Deutschen gut daran, uns mit Kritik oder Ratschlägen zurückzuhalten. Zu schwer lastet die Bürde unserer Vergangenheit auf unseren Schultern. Es sind aber durchaus gut gemeinte Ratschläge, die von anderer Seite in Richtung israelischer Regierung gesandt werden. Von den USA. Von der UNO. Von Seiten vieler EU-Staaten. Und von besonnenen Politikern in Israel – wie Olmert.

12. Dezember 2022

Demokratie in Gefahr

2022-12-16T15:26:11+01:0012.12.22, 8:42 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte, Parteien|Tags: , , |

Das Demokratieverständnis hierzulande wir nie besonders ausgeprägt. Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz haben es zudem weiter unterminiert und diesbezüglich weiteren und leider wohl nachhaltigen Schaden angerichtet. Unter dem Titel „Demokratie in Gefahr“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Viele schüttelten letzte Woche ungläubig den Kopf: Eine Großrazzia bei Rechtsextremen in Deutschland, Österreich und Italien förderte zutage, dass es konkrete Putsch-Pläne gegeben hat. Involviert sind Personen aus der „besseren Gesellschaft“, aus Politik, Militär und der Polizei. Der deutsche Verfassungsschutz spricht von einer sehr realen Gefahr und mehreren zehntausend Menschen, die in organisierter Form der „Szene“ angehören. Verwiesen wird auch auf enge Verbindungen nach Österreich.

Leute wie die Möchtegern-Putschisten sind eine Gefahr. Die noch größere Gefahr aber ist eine schleichende Entwicklung, von der bereits die „Mitte der Gesellschaft“ erfasst ist. Auch dort machen sich inzwischen autoritäres Denken und eine allmähliche Abkehr von demokratischen Werten breit.

„Skandalrepublik“

Als Ursache dieser Entwicklung auf „Ibiza“, Korruption, die unsäglichen Chat-Protokolle oder die vielen anderen Skandale zu verweisen, greift zu kurz. Wie Viktor Orbán, der „Trumpismus“ in den USA und andere national-populistische Bewegungen belegen, handelt es sich um kein rein österreichisches, sondern um ein weit verbreitetes Phänomen. Aber es gibt heimische „Spezifika“.

Bei uns waren es politische Provokateure wie Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache, die antiliberales Denken mehrheitsfähig gemacht haben und mit der Schaffung von Feindbildern erfolgreich waren. Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz, sein nachgeborener und inzwischen ehemaliger Superstar, haben dieses Denken durch ihre Mesalliancen mit der FPÖ politisch salonfähig gemacht. Heute will die ÖVP sogar die Menschenrechtskonvention „überdenken“. Das alles hat das Vertrauen in unser Wertesystem unterminiert und autoritäres Denken gefördert.

„Starker Führer“

Seit Jahren erhebt das SORA-Institut, wie sich in unserem Land die Einstellung der Menschen zur Demokratie entwickelt. Die letzte Woche präsentierten Ergebnisse des „Österreichischen Demokratie Monitor“ können daher zwar kaum überraschen, sind aber dennoch erschreckend: Erstmals wird ein „starker Führer, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss“ an der Spitze des Staates nicht mehr mehrheitlich abgelehnt. 26 Prozent wünschen sich diesen „starken Führer“ sogar ausdrücklich.

Nur noch 34 Prozent glauben zudem, dass unser politisches System gut funktioniert, vor fünf Jahren waren es mit 64 Prozent fast doppelt so viele. Die Forscherinnen und Forscher des SORA-Instituts halten daher in der gebotenen Deutlichkeit fest: „Die Demokratie erlebt eine Vertrauenskrise und ist ernsthaft bedroht.“

Rechten Gewalttätern und Gefährdern der Demokratie kann und muss der Staat mit polizeilichen Mitteln entgegentreten. Aber das schleichende Gift des autoritären Denkens aus den Köpfen eines immer größer werdenden Teils unserer Gesellschaft zu bekommen, ist wesentlich schwieriger. Da ist neben dem Staat vor allem die Zivilgesellschaft gefordert.

1. Februar 2021

Arik Brauer hätte noch viel zu sagen gehabt!

2021-02-01T13:57:05+01:0001.02.21, 13:56 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Menschenrechte|Tags: , |

Das Multitalent Arik Brauer hatte der Welt viel zu sagen. Er war Mahner ohne Eiferer zu sein und ein politisch denkender  „Gutmensch“ im besten Sinne des Wortes. Der Welt hätte er in Tagen wie diesen noch viel zu sagen gehabt. Meine Einschätzung dazu habe ich in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ unter dem Titel „Köpferl im Sand“? beschrieben:

Letzte Woche ist das Multitalent Arik Brauer mit 92 Jahren gestorben. Er war Maler, Sänger, Architekt, Tänzer, Komponist, Grafiker, Bühnenbildner und anderes mehr. Brauer überlebte die NS-Zeit in Wien bei nichtjüdischen Familienmitgliedern und zuletzt als sogenanntes „U-Boot“. Das Multitalent hat sich Zeit seines Lebens engagiert − für die Umwelt, für eine gerechte Gesellschaft, gegen Kaltherzigkeit, Rassismus und Antisemitismus.

In der letzten Woche hätte er einigen Anlass gehabt aufzubegehren: die unnötige und herzlose Abschiebung von bestens integrierten Flüchtlingskindern, antisemitische Codes bei „Corona-Demonstrationen“ und andere rechtsextreme Umtriebe.

„Nationale Strategie“

Von der Regierung gab es diesbezüglich unterschiedliche Botschaften. Fast zeitgleich mit Brauers Tod präsentierte sie eine „Nationale Strategie gegen Antisemitismus“. Das ist ebenso erfreulich wie notwendig. Dazu gehört die Schaffung von Bildungsangeboten, die Einrichtung einer Dokumentationsstelle und die konsequentere Strafverfolgung von Delikten und Tätern. Bislang steht das alles allerdings nur auf dem Papier.

Die meisten antisemitischen Vorfälle in Österreich sind rechtsextrem motiviert oder gehen von islamistischen Fanatikern aus. Wenn die Politik den Judenhass wirksam bekämpfen will, muss sie die Zivilgesellschaft einbinden. Das sei der „Schlüssel zum Erfolg“, erklärte Staatssekretärin Karoline Edtstadler zurecht.

Rechtsextreme gefördert

Es gibt aber Zweifel daran, ob dem schönen PR-Auftritt ernsthafte Maßnahmen gegen den Antisemitismus folgen werden. Das Land Oberösterreich beispielsweise hat erneut den deutsch-nationalen „Corporationen“ − darunter nicht wenige mit eindeutig rechtsextremer Ausrichtung − eine Förderung in Höhe von 110.000 Euro zukommen lassen.

Die Förderung war im Budgetdschungel des Landes gut versteckt. Erst Recherchen der „Solidarwerkstatt Linz“ haben sie öffentlich gemacht. ÖVP, FPÖ und Grüne stimmten zu, nur die SPÖ war dagegen. In einem Kommentar im „Standard“ gibt der Schriftsteller und Regisseur Kurt Palm zu bedenken, dass mit dieser Subvention zumindest indirekt die Auftritte neonazistischer Liedermacher und des Identitären-Chefs Martin Sellner − ein gern gesehener Gast in Oberösterreich − bezahlt und ermöglicht werden könnten. So geschehen jedenfalls in den letzten Jahren.

Das kann nun wirklich nicht im Sinn einer „Nationalen Strategie gegen Antisemitismus sein“! Das Wegschauen bei gesellschaftlichen und politischen Problemen hat in Österreich leider Tradition. Helmut Qualtinger das einst mit seinem „Herrn Karl“ genial interpretiert. Und Arik Brauer hat es bitterböse besungen: „Waun da Wind wahd, do steckt er sein Köpferl in Sand.“
Brauers Kopf steckte nicht im Sand. Unser Kopf sollte es auch nicht, wenn Kinder abgeschoben werden oder sich Antisemitismus wieder breit macht.

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