21. Dezember 2023

Düstere Aussichten?

2023-12-21T11:08:18+01:0021.12.23, 9:13 |Kategorien: Gesellschaft, Parteien|Tags: , , , , , , |

Road sign used in Denmark – Turn left or right ahead.

Wohin führt der Weg im nächsten Jahr? Kriege, Klimadesaster, Fluchtbewegungen, soziale Ungleichheit, Vormarsch der Rechten … Weiter so? Oder gibt es ein wenig Hoffnung? Man muss ja durchaus aufpassen, dass man in Zeiten wie diesen nicht in Depressionen verfällt. Unter dem Titel „Nur düstere Aussichten?“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Komentar dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:

Zu Weihnachten darf man sich etwas wünschen. Ein paar Vorschläge: Mehr Solidarität mit den Bedürftigen in unserer Gesellschaft! Energischer Kampf gegen die Klimakrise! Frieden im Nahen Osten und der Ukraine! Mehr Verständnis für aus ihrer Heimat Vertriebene oder Geflüchtete! Eine Stärkung des europäischen Gedankens im neu zu wählenden EU-Parlament! Alles unrealistisch?

Das zur Neige gehende Jahr hat uns in Italien Giorgia Meloni von den postfaschistischen Fratelli d’Italia und in Argentinien den Rechtsextremen Javier Milei gebracht. In den Niederlanden wurde Geert Wilders Partei zur deutlich stärksten gewählt. Letztere propagiert den EU Austritt, leugnet die Klimakrise und will Moscheen schließen. Wilders hat sogar eine „Kopflumpen-Steuer“ Steuer für Muslimas gefordert. Und in den USA steht Donald Trump schon wieder ante portas. Wenn solche Leute regieren, ist wohl klar, dass extreme gesellschaftliche Auseinandersetzungen die Folge sein werden. Also nur düstere Aussichten für nächstes Jahr?

All diese Entwicklungen sind Zeichen einer zunehmend unsolidarischen Gesellschaft in der gesamten westlichen Welt. Statt eines gemeinschaftlichen „Wir“ steht zunehmend nur noch das „Ich“ im Vordergrund. Gewerkschaften und die Kirchen schwächeln, der Egoismus triumphiert allerorten.

Und Österreich?

Damit sind wir schon in Österreich, wo die FPÖ derzeit von einem Umfragehoch zum nächsten stürmt. Und das mit einem Mann an der Spitze, der ein Pferdeentwurmungsmittel als Schutz vor Corona empfohlen hat, unabhängigen Journalisten „Manieren beibringen“ will und als Innenminister den Verfassungsschutz derart unterminiert hat, dass trotz eindeutiger Hinweise ein mörderisches Attentat in Wien stattfinden konnte.

Kickl hat bei der „FPÖ-Österreich-Tour“ seine Fans eingeladen, sie mögen doch stumpfe Messer und Scheren mitbringen und diese dann vor der Veranstaltung von einem Profi-Schleifer gratis schärfen lassen. Ja läuten denn da nicht alle Alarmglocken? Ein Messer-Wetzen bei einer politischen Veranstaltung? Warum ist bei uns angesichts solch nahezu unverhüllter Gewaltbereitschaft kaum mehr ein Aufschrei zu vernehmen?

Victor Klemperer, Holocaust-Überlebender und Linguist, hat in Bezug auf die Sprache der Nationalsozialisten gemeint: „Worte können sein wie winzige Arsendosen – sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu tun, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“ Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ bezeichnete diese Analyse als „vorweggenommenen Kommentar zu den giftigen Tönen, die derzeit aus dem Lager der FPÖ dringen“.

Es gibt aber auch Hoffnung: In Polen haben sich im letzten Jahr die konstruktiven und proeuropäischen Kräfte gesammelt und einen überraschenden Wahlsieg errungen. Das wäre doch eine Ansage für Österreich! Oder, um es mit dem Dichter Friedrich Hölderlin zu sagen: „Wo die Gefahr wächst, wächst das Rettende auch!“

21. Mai 2023

Die ÖVP und andere Abgründe

2023-05-22T09:17:17+02:0021.05.23, 16:06 |Kategorien: Parteien|Tags: , , , , |

Was hat Österreich und was hat speziell die ÖVP aus dem Skandal nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ gelernt? Nicht viel, fürchte ich. Unter dem Titel „Ibiza und andere Abgründe“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Das Interview hatte es in sich, doch der explosive Inhalt löste keine nennenswerte Diskussion aus. Die Rede ist von Julian Hessenthalers Aussagen am vergangenen Mittwoch bei Armin Wolf in der ZiB2. Hessenthaler gab vor vier Jahren jenes „Ibiza- Video“ in Auftrag, das die Regierung zu Fall brachte. Zuerst mussten die freiheitlichen Hauptdarsteller Heinz-Christian Strache und sein Adlatus Johann Gudenus zurücktreten, dann folgte nach umfangreichen Korruptionsermittlungen Sebastian Kurz.

Das alles wissen wir. Doch das Interview hat mehr offenbart – und zwar nicht nur die vom Psychiater Erwin Ringel so famos beschriebenen Abgründe der „österreichischen Seele“.

Sind wir lernunfähig?

Noch immer sprechen viele vom „frischen Wind“ der Kurz-Ära. Doch welche Probleme sind damals wirklich gelöst worden? Nur dank weitgehend unkritischer und – wie wir inzwischen wissen – mit lukrativen Inseraten geköderten Boulevard-Medien konnte etwa eine „Schließung der Balkan-Route“ vorgegaukelt werden oder faktenwidrig eine gesunkene Steuerquote. Mutmaßlich zu seinen Gunsten gefälschte Meinungsumfragen taten ein Übriges zu den Wahlerfolgen von Sebastian Kurz. Vieles ist mittlerweile gerichtsanhängig.

Festzuhalten bleibt, dass durch das Ibiza-Video die Trockenlegung etlicher Korruptions-Sümpfe eingeleitet wurde. Die inzwischen berühmten Chats von Kurz-Intimus Thomas Schmid („Ich liebe meinen Kanzler“) wären ohne das Video nie bekannt geworden. Sie haben viel zur Aufdeckung von Missständen beigetragen und werden die Gerichte wohl noch lange beschäftigen. Aber hat Österreich wirklich etwas gelernt aus den aufgedeckten Skandalen? Es schaut nicht danach aus.

Blau-schwarzes Comeback?

Wie kann es sein, dass trotz der aufgedeckten Missstände eine erneute ÖVP-FPÖ-Koalition als realistische Koalitionsvariante gilt? Oder gar FPÖ-ÖVP mit einem Kanzler Herbert Kickl? Letzteres wird nur noch von wenigen in der ÖVP und von keinem einzigen prominenten Bundes- oder Landespolitiker als „No-Go“ bezeichnet.

Die FPÖ kratzt inzwischen sogar trotz aller Skandale und ihrem Dauerscheitern in all ihren bisherigen Koalitionen auf Bundesebene an der 30-Prozent-Marke. Falter-Herausgeber Armin Thurnher zitiert dazu den Autor Wilhelm Pevny, der einen aus der Feder Franz Grillparzers stammenden berühmten Monolog über „den Österreicher“ aktualisiert: „Er wählt immer wieder seinen Untergang, / und will es nachher nicht gewesen sein. / … Getäuscht von seinen alten Führern / wendet er sich sorglos neuen zu.“ Eine beklemmende Zustandsbeschreibung!

Das Hessenthaler-Interview war übrigens vor allem deshalb so brisant, weil er von etlichen weiteren Videos sprach, die bislang unbekannt geblieben sind. Er würde sie natürlich zur Verfügung stellen, niemand aber habe bislang danach gefragt. Man darf gespannt sein, ob Behörden und Medien demnächst bei ihm anklopfen. Von öffentlichem Interesse sind die Bänder ganz gewiss!

17. April 2023

ÖVP-Kompetenzmängel

2023-04-17T08:33:02+02:0017.04.23, 8:20 |Kategorien: Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Es ist mir schon seit Jahren ein Rätsel, warum ausgerechnet der ÖVP Wirtschaftskompetenz zugeschrieben wird. Ein paar Hinweise zu meinen disbezüglichen Zweifeln – es gäbe noch weit mehr – habe ich unter dem Titel „ÖVP-Kompetenzmängel“ in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar veröffentlicht. Hier zum Nachlesen:

Österreich braucht dringend kompetente Fachkräfte aus dem Ausland. Die ÖVP-Politik schreckt diese aber ab. Etwa durch solche Entscheidungen: Im oberösterreichischen Haslach an der Mühl wurde am letzten Donnerstag eine seit Jahren bestens integrierte Familie nach Indien abgeschoben. Die Mutter arbeitete als Köchin, ihre Tochter wollte Altenpflegerin werden. Der 15-jährige Sohn besuchte die Mittelschule und spielt im örtlichen Verein begeistert Fußball. Alle sind katholisch, die Mutter sogar Mesnerin.

Das langjährige Verfahren begann mit einem Einreiseverbot für die drei und wurde mit fehlenden Unterhaltsmitteln begründet. Diese Bestimmung wurde vom Verfassungsgerichtshof im Dezember 2022 – wörtlich – „wegen Unsachlichkeit“ aufgehoben. Die Abschiebung ist daher doppelt absurd. Auch eine Protestkundgebung von Menschen aus Haslach sowie der Volkshilfe, „Omas gegen rechts“ und anderer Organisationen konnte daran nichts ändern. Der Gastwirt und Arbeitgeber der Mutter wandte sich verzweifelt an ÖVP-Innenminister Gerhard Karner: Wo soll er in diesen Zeiten eine neue Köchin finden?

Reformstau

Es gibt aber noch weitere von der ÖVP verursachte Probleme. Seit Jahrzehnten verhindert sie eine grundlegende Reform im Bildungsbereich – etwa das überfällige Ende der viel zu frühen Separierung der Kinder schon vor dem zehnten Lebensjahr und die dadurch mitbedingten schlechten Ergebnisse bei internationalen Tests. Lehrlingsbetriebe beklagen zunehmend, dass sie zu Beginn der Ausbildung zuerst Basisqualifikationen wie Lesen, Schreiben und Rechnen vermitteln sollten – nach zumindest neun Jahren Schulpflicht! Das bislang einzige Erfolgsmodell des heimischen Bildungssystems – die duale Ausbildung – gerät in den Krisenmodus!

Eine im März veröffentlichte Analyse der OECD hat ergeben, dass sich unser Land inzwischen im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte auf der Verliererstraße befindet: Platz 28 von 36. Qualifizierte Menschen sind vom gesellschaftlichen und politischen Klima in Österreich verständlicherweise nicht angetan.

Unattraktiver Standort

Es ist daher kein Zufall, dass es in der EU gegenwärtig kein Land (!) gibt, das einen größeren Arbeitskräftemangel hat als Österreich. Das ist das Ergebnis einer Auswertung der Statistikbehörde Eurostat durch die Neos. Dringend benötigt werden zehntausende Fachkräfte in den Bereichen Medizin, Technik, Programmieren, Gastronomie, Pflege usw. Wegen fehlender Busfahrer:innen musste zuletzt in Vorarlberg sogar der Fahrplan kurzfristig eingeschränkt werden. Und wir schieben gleichzeitig Fachkräfte ab?

Die Retro-Koalition der niederösterreichischen ÖVP mit der – sogar innerhalb der Kickl-FPÖ ganz rechts anzusiedelnden – NÖ-FPÖ lässt für die Zukunft Schlimmes erwarten. Die Attraktivität Österreichs wird noch weiter sinken. Die ÖVP als christlichsoziale Wirtschaftspartei? Das war einmal.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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