21. Mai 2023

Die ÖVP und andere Abgründe

2023-05-22T09:17:17+02:0021.05.23, 16:06 |Kategorien: Parteien|Tags: , , , , |

Was hat Österreich und was hat speziell die ÖVP aus dem Skandal nach der Veröffentlichung des „Ibiza-Videos“ gelernt? Nicht viel, fürchte ich. Unter dem Titel „Ibiza und andere Abgründe“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Das Interview hatte es in sich, doch der explosive Inhalt löste keine nennenswerte Diskussion aus. Die Rede ist von Julian Hessenthalers Aussagen am vergangenen Mittwoch bei Armin Wolf in der ZiB2. Hessenthaler gab vor vier Jahren jenes „Ibiza- Video“ in Auftrag, das die Regierung zu Fall brachte. Zuerst mussten die freiheitlichen Hauptdarsteller Heinz-Christian Strache und sein Adlatus Johann Gudenus zurücktreten, dann folgte nach umfangreichen Korruptionsermittlungen Sebastian Kurz.

Das alles wissen wir. Doch das Interview hat mehr offenbart – und zwar nicht nur die vom Psychiater Erwin Ringel so famos beschriebenen Abgründe der „österreichischen Seele“.

Sind wir lernunfähig?

Noch immer sprechen viele vom „frischen Wind“ der Kurz-Ära. Doch welche Probleme sind damals wirklich gelöst worden? Nur dank weitgehend unkritischer und – wie wir inzwischen wissen – mit lukrativen Inseraten geköderten Boulevard-Medien konnte etwa eine „Schließung der Balkan-Route“ vorgegaukelt werden oder faktenwidrig eine gesunkene Steuerquote. Mutmaßlich zu seinen Gunsten gefälschte Meinungsumfragen taten ein Übriges zu den Wahlerfolgen von Sebastian Kurz. Vieles ist mittlerweile gerichtsanhängig.

Festzuhalten bleibt, dass durch das Ibiza-Video die Trockenlegung etlicher Korruptions-Sümpfe eingeleitet wurde. Die inzwischen berühmten Chats von Kurz-Intimus Thomas Schmid („Ich liebe meinen Kanzler“) wären ohne das Video nie bekannt geworden. Sie haben viel zur Aufdeckung von Missständen beigetragen und werden die Gerichte wohl noch lange beschäftigen. Aber hat Österreich wirklich etwas gelernt aus den aufgedeckten Skandalen? Es schaut nicht danach aus.

Blau-schwarzes Comeback?

Wie kann es sein, dass trotz der aufgedeckten Missstände eine erneute ÖVP-FPÖ-Koalition als realistische Koalitionsvariante gilt? Oder gar FPÖ-ÖVP mit einem Kanzler Herbert Kickl? Letzteres wird nur noch von wenigen in der ÖVP und von keinem einzigen prominenten Bundes- oder Landespolitiker als „No-Go“ bezeichnet.

Die FPÖ kratzt inzwischen sogar trotz aller Skandale und ihrem Dauerscheitern in all ihren bisherigen Koalitionen auf Bundesebene an der 30-Prozent-Marke. Falter-Herausgeber Armin Thurnher zitiert dazu den Autor Wilhelm Pevny, der einen aus der Feder Franz Grillparzers stammenden berühmten Monolog über „den Österreicher“ aktualisiert: „Er wählt immer wieder seinen Untergang, / und will es nachher nicht gewesen sein. / … Getäuscht von seinen alten Führern / wendet er sich sorglos neuen zu.“ Eine beklemmende Zustandsbeschreibung!

Das Hessenthaler-Interview war übrigens vor allem deshalb so brisant, weil er von etlichen weiteren Videos sprach, die bislang unbekannt geblieben sind. Er würde sie natürlich zur Verfügung stellen, niemand aber habe bislang danach gefragt. Man darf gespannt sein, ob Behörden und Medien demnächst bei ihm anklopfen. Von öffentlichem Interesse sind die Bänder ganz gewiss!

12. Dezember 2022

Demokratie in Gefahr

2022-12-16T15:26:11+01:0012.12.22, 8:42 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte, Parteien|Tags: , , |

Das Demokratieverständnis hierzulande wir nie besonders ausgeprägt. Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz haben es zudem weiter unterminiert und diesbezüglich weiteren und leider wohl nachhaltigen Schaden angerichtet. Unter dem Titel „Demokratie in Gefahr“ habe ich dazu in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar verfasst. Hier zum Nachlesen:

Viele schüttelten letzte Woche ungläubig den Kopf: Eine Großrazzia bei Rechtsextremen in Deutschland, Österreich und Italien förderte zutage, dass es konkrete Putsch-Pläne gegeben hat. Involviert sind Personen aus der „besseren Gesellschaft“, aus Politik, Militär und der Polizei. Der deutsche Verfassungsschutz spricht von einer sehr realen Gefahr und mehreren zehntausend Menschen, die in organisierter Form der „Szene“ angehören. Verwiesen wird auch auf enge Verbindungen nach Österreich.

Leute wie die Möchtegern-Putschisten sind eine Gefahr. Die noch größere Gefahr aber ist eine schleichende Entwicklung, von der bereits die „Mitte der Gesellschaft“ erfasst ist. Auch dort machen sich inzwischen autoritäres Denken und eine allmähliche Abkehr von demokratischen Werten breit.

„Skandalrepublik“

Als Ursache dieser Entwicklung auf „Ibiza“, Korruption, die unsäglichen Chat-Protokolle oder die vielen anderen Skandale zu verweisen, greift zu kurz. Wie Viktor Orbán, der „Trumpismus“ in den USA und andere national-populistische Bewegungen belegen, handelt es sich um kein rein österreichisches, sondern um ein weit verbreitetes Phänomen. Aber es gibt heimische „Spezifika“.

Bei uns waren es politische Provokateure wie Jörg Haider oder Heinz-Christian Strache, die antiliberales Denken mehrheitsfähig gemacht haben und mit der Schaffung von Feindbildern erfolgreich waren. Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz, sein nachgeborener und inzwischen ehemaliger Superstar, haben dieses Denken durch ihre Mesalliancen mit der FPÖ politisch salonfähig gemacht. Heute will die ÖVP sogar die Menschenrechtskonvention „überdenken“. Das alles hat das Vertrauen in unser Wertesystem unterminiert und autoritäres Denken gefördert.

„Starker Führer“

Seit Jahren erhebt das SORA-Institut, wie sich in unserem Land die Einstellung der Menschen zur Demokratie entwickelt. Die letzte Woche präsentierten Ergebnisse des „Österreichischen Demokratie Monitor“ können daher zwar kaum überraschen, sind aber dennoch erschreckend: Erstmals wird ein „starker Führer, der sich nicht um Parlament und Wahlen kümmern muss“ an der Spitze des Staates nicht mehr mehrheitlich abgelehnt. 26 Prozent wünschen sich diesen „starken Führer“ sogar ausdrücklich.

Nur noch 34 Prozent glauben zudem, dass unser politisches System gut funktioniert, vor fünf Jahren waren es mit 64 Prozent fast doppelt so viele. Die Forscherinnen und Forscher des SORA-Instituts halten daher in der gebotenen Deutlichkeit fest: „Die Demokratie erlebt eine Vertrauenskrise und ist ernsthaft bedroht.“

Rechten Gewalttätern und Gefährdern der Demokratie kann und muss der Staat mit polizeilichen Mitteln entgegentreten. Aber das schleichende Gift des autoritären Denkens aus den Köpfen eines immer größer werdenden Teils unserer Gesellschaft zu bekommen, ist wesentlich schwieriger. Da ist neben dem Staat vor allem die Zivilgesellschaft gefordert.

3. Januar 2022

Kurz, Korruption – und kein Ende?

2022-01-03T09:46:33+01:0003.01.22, 9:28 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , , , , , , |

Ich fürchte, Sebastian Kurz hat die politischen und moralischen Maßstäbe in Österreich für eine gewisse Zeit in die falsche Richtung verschoben. Unter dem Titel „Übles Sittenbild!“ habe ich in den Vorarlberger Nachrichten seinen Jobwechsel in die USA zum rechtsextremen Strippenzieher Peter Thiel kommentiert. Ganz so positiv wie auf dem Titelbild suggeriert wird das inzwischen wohl auch „Newsweek“ nicht mehr sehen. Hier mein Kommentar zum Nachlesen:

Neues Jahr, neuer Job: Am Wochenende wurde bekannt, dass Sebastian Kurz einen Job bei der Investmentfirma „Thiel Capital“. bekommt. Der dortige Strippenzieher und Mitbegründer der Datenverarbeitungsfirma „Palantir“ ist der deutschstämmige Milliardär Peter Thiel. Der Donald Trump-Unterstützer wird vom − alles andere als linkslastigen − „Handelsblatt“ schlicht als „rechts und extrem“ bezeichnet.

Sebastian Kurz ist bei „Thiel Capital“ für „globale Strategie“ zuständig. Mal schauen, was das bedeutet.

Bislang heißt es, Kurz werde zwischen den USA und Österreich pendeln. Sein neuer Arbeitsplatz ist 9.900 km und 12,5 Flugstunden von Wien entfernt. Falls seine Meldeadresse aber künftig Hollywood und nicht mehr Wien lautet, hätte das einen „Nebeneffekt“: Eine Ladung in den Untersuchungsausschuss zu den zahlreichen ÖVP-Korruptionsskandalen seiner Amtszeit wäre laut Parlamentsdirektion „rechtsunverbindlich“.

Korruptions-Ranking

Österreich fällt seit Jahren im „Korruptions-Ranking“ von Transparancy International nach hinten. Die Ära Sebastian Kurz wird den Trend im nächsten Jahr wohl noch verstärken. Ein großes und qualifiziertes internationales Gremium hat zuletzt gleich 1167 Personen untersucht, um den weltweit korruptesten Politikern zu „küren“. Auf die „Shortlist“ der schlussendlich fünf „Nominierten“ hat es auch Sebastian Kurz geschafft. „Gewonnen“ hat der weißrussische Machthaber Alexander Lukaschenko.

Lassen wir dahingestellt, ob Kurz wirklich ein Bösewicht vom Schlage Lukaschenkos ist. Österreich jedenfalls ist nicht Weißrussland. Daher drohen bei Verfehlungen zumindest langwierige Verfahren. Man denke an die noch immer gerichtsanhängigen aus der ersten schwarz-blauen Ära − Stichworte Eurofighter, Karl Heinz Grasser, BUWOG.

„Hure der Reichen“

Allein die Chats des Kurz-Günstlings Thomas Schmid („Kriegst eh alles, was du willst“) sind so ergiebig, dass die Gerichte in den kommenden Jahren nicht über mangelnde Arbeit klagen können. Da wären etwa die mit Steuergeld bezahlten geschönten Umfragen für die ÖVP oder die höchst aufklärungsbedürftigen Umstände rund um einen mutmaßlich illegalen Steuernachlass für Multimillionär und ÖVP-Financier Siegfried Wolf.

Als sich ein Mitarbeiter Schmids skeptisch zeigte, ob er den Steuerakt wirklich nach den Wünschen des damaligen Generalsekretärs im Finanzministerium bearbeiten könne, erinnerte ihn Schmid: „Vergiss nicht – du hackelst im ÖVP Kabinett!! Du bist die Hure für die Reichen!“ Der ehemalige Rechnungshof-Präsident Franz Fiedler bezeichnet das alles als „übles Sittenbild“, das ihn „an das römische Reich der Endzeit“ erinnere. Natürlich gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.

Die „Welt“ berichtet von einem Ex-Soldaten, der in Afghanistan die Palantir-Software benutzt hat: „Sie spürt jeden einzelnen Bösewicht in ihrer Gegend auf.“ Ob das auch bei korrupten Politikern gelingt?

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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