10. Januar 2015

Gerücht oder Tatsache? Das Neujahrskonzert und die Nazis!

2015-05-01T07:57:34+02:0010.01.15, 12:00 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus, Gesellschaft|Tags: , , |

Staatsoper_NSTeresa Reiter liegt falsch. In der „Wiener Zeitung“ veröffentlicht sie einen Beitrag unter dem Titel „Geigen nach Wien“ über die Geschichte der Wiener Philharmoniker (WPh). Darin bezeichnet sie die Tatsache, dass „das Neujahrskonzert eine Erfindung der Nazis gewesen ist“ als „Gerücht“, das sich „hartnäckig“ halte. Ist das vielleicht deshalb so, weil es wahr ist, Frau Reiter?
Heute konnte ich in einem Leserkommentar ausführlich Stellung beziehen: „Anmerkungen zur Entstehung des Neujahrskonzerts
Ralph Braun, Musikhistoriker und bis 2011 Vorsitzender der deutschen „Johann-Strauß-Gesellschaft“, hat sich im Zusammenhang mit dem Neujahrskonzert (NJK) unter anderem dieser Frage verschrieben (Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker im „Dienst der Kriegsführung“): „Warum verschweigen die Wiener Philharmoniker die Entstehungsgeschichte?“ Und er belegt, dass das erste „Neujahrskonzert“ zu Silvester 1939 eine kurzfristig angesetzte Wiederholung des „Dritten Orchesterkonzerts“ der Salzburger Festspiele vom 13. August 1939 war und dass das Programm für dieses Johann Strauss-Konzert vom Propagandaministerium „und nicht von den Philharmonikern bestimmt“ wurde. Der von Reiter zitierte Oliver Rathkolb hat das vom Propagandaministerium angesetzte Salzburger Strauß-Konzert von 1939 leider hartnäckig verschwiegen, obwohl er von Ralph Braun nachweislich darüber informiert wurde.
Von Interesse ist vor allem die Schlussfolgerung von Ralph Braun: „Prof. Rathkolb entschärft die Brisanz der Entstehungsgeschichte des NJK zugunsten des außerordentlichen Werbeeffektes dieser größten klassischen Konzertveranstaltung der Welt für Österreich und die WPh sowie den Kommerz.“
Und der von Reiter ebenfalls als Gewährsmann zitierte Auftraggeber von Rathkolb, der ehemalige Vorstand des Orchesters Clemens Hellsberg, geht sogar noch einen Schritt weiter und verfälscht das Konzert zur Widerstandshandlung: „Mit einem Konzert, das zur Gänze der Musik der Strauß-Dynastie gewidmet war, bekannten sie sich unmißverständlich zu Österreich, für das in der damaligen Welt kein Platz war.“
Das genaue Gegenteil ist wahr und längst bewiesen. Das Konzert war von Beginn an im „Dienst der Kriegsführung“ des nationalsozialistischen Deutschland.
Kein „Gerücht, Frau Reiter!

29. Dezember 2014

Krypta am Heldenplatz: Republik pfeift auf historische Chance!

2015-05-01T08:02:42+02:0029.12.14, 12:00 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , , |

Krypta_2014Die Chuzpe muss man einmal haben: Nachdem Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos die Krypta im Wiener Heldentor nach heftigen Protesten der Grünen schließen ließ und großspurig eine Umgestaltung ankündigte, setzt sein Nachfolger im Amt, Gerald Klug, nun wohl auf Stillhalten und Aussitzen. Der (schlechte) Witz dabei: Da wird noch großartig ein internationaler wissenschaftlicher Beirat einberufen, der im Sommer und Herbst diesen Jahres ein Konzept für eine völlige Neugestaltung des Heldentors erarbeitet hatte. Seither tut sich nichts mehr, obwohl für den Herbst die Projektausschreibung und der Beginn der Umbauarbeiten angekündigt wurden. Die Eröffnung des neuen historischen Lernortes sollte am 26. Oktober 2015 sein und damit einen sichtbaren Wendepunkt im traditionellen Gedenken der Staatsspitzen bringen.
Ich habe auch in diesem Jahr mehrere parlamentarische Anfragen dazu eingebracht, meine letzte wurde nun beantwortet. Lapidare Antwort von Klug auf sechs (!) detaillierte Fragen: „Die Ausschreibung des Projekts Neugestaltung des Österreichischen Heldendenkmals liegt in der Zuständigkeit der Burghauptmannschaft Österreich. Der Prozess der Finanzierung hinsichtlich der Neugestaltung ist im Laufen.“
Im kommenden Jahr wird weltweit des 70-jährigen Endes des Zweiten Weltkriegs und der nationalsozialistischen Barbarei gedacht werden. Die Gelegenheit, mit dem Umbau und der Neudefinition des Heldendenkmales genau in diesem Jahr ein Zeichen zu setzen, wird jämmerlich verspielt. Das kritisiert inzwischen auch der Leiter der militärhistorischen Denkmalkommission und Mitglied des internationalen Beirats Dieter A. Binder.
Nun ist eine weitere Komponente hinzugekommen. Nach jahrelangen Verzögerungen macht die Neugestaltung des Österreich-Pavillons im Staatlichen Museum Auschwitz-Birkenau endlich konkrete Fortschritte. Das Ausstellungsteam sieht als zentrales Element eines Raumes eine Art von Verbindung zwischen Auschwitz-Birkenau und Österreich vor: „Es sei nun die Anregung aufgenommen worden, dass BesucherInnen in Auschwitz etwas hinterlassen könnten – Eindrücke, Gedanken etc. (…) Das Team habe die ursprüngliche Idee einer Rückkoppelung nach Österreich wieder aufgegriffen und würde im leeren Raum ein ‚White Board’ aufstellen, auf das geschrieben werden könne. Das Geschriebene würde aber kurze Zeit danach von dieser Tafel verschwinden und woanders als Projektion wieder auftauchen, nämlich in Österreich z.B. in der Krypta am Heldenplatz. Es gebe bereits ein Projekt zur Neukonzeption des Gedenkortes Heldenplatz, und daher sei dieses ‚Vorprojekt’ zur Ausstellung möglicherweise bereits 2015 möglich, lange vor der Eröffnung der Ausstellung.“ Jedoch: Derzeit ist die Krypta außer bei Kranzablegungen ein weitgehend verlassener Ort. Das Konzept würde daher ohne Umgestaltung der Krypta mangels „Publikum“ scheitern. Ein „Vorprojekt“ 2015 wird demzufolge nicht realisierbar sein. Ein alternativer Ort für die Projektionen wurde meines Wissens nach bislang nicht angedacht. Derartig zentrale und leicht zugängliche Orte, die mit den historischen Ereignissen im Nationalsozialismus in einen direkten Zusammenhang zu bringen sind, wie es die Krypta wäre, wird es überdies in Wien kaum geben. Lässt man also diese Chance ungenutzt, weil die Umgestaltung des Heldendenkmals scheitert oder auf die lange Bank geschoben wird, wäre die überaus sinnvolle Verbindung mit der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau nicht mehr möglich. Und das ist zum Schämen!

1. November 2014

Krypta: täglich grüßt das Murmeltier statt Erinnerungskultur!

2014-11-01T10:24:00+01:0001.11.14, 10:24 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , |

Jahr für Jahr das gleiche Ritual am Nationalfeiertag: Hintereinander legen Bundespräsident und Regierung einen Kranz in der Krypta im Äußeren Burgtor ab. Es ist ein Totengedenken – welcher Toten da (auch) gedacht wird, scheint nicht so wichtig zu sein.

Als ich 2012 aufgedeckt habe, dass unter anderem auch NS-Massenmördern wie Josef Vallaster gedacht wird (Heldenplatz: „ehrendes Gedenken“ für einen Massenmörder!), schien kurzfristig eine Wendepunkt erreicht. Wenig später wurde die Statue des liegenden Soldaten gehoben, unter der der Bildhauer und Nazi-Sympathisant Wilhelm Frass 1934 eine Schrift deponiert hatte, in der er den Anschluss an Deutschland herbeisehnte. Der damalige Verteidigungsminister Darabos rief eine „Zäsur in der Gedächtniskultur der 2. Republik“ aus: „Die Kränze werden bewusst nicht mehr bei der Skulptur des Nazi-Sympathisanten Frass niedergelegt, … sondern bei der in der Krypta angebrachten Gedenktafel für die im Einsatz verstorbenen Bundesheer-Soldaten“. Außerdem versprach Darabos eine Umgestaltung des gesamten Heldendenkmals, die sich seit März diesen Jahres in der Realisierungsphase befinden sollte. Davon sind wir weit entfernt.

Im September tagte zum zweiten Mal der hochkarätig besetzte Internationale wissenschaftliche Beirat, der Empfehlungen für die Umgestaltung des gesamten Komplexes (Krypta, Weiheraum, Heldentreppe und Exekutivdenkmal) formulierte. Zugleich verlautbarte das Verteidigungsministerium einen neuen Zeitplan, wonach eine Ausschreibung im Herbst 2014 und die Umgestaltung bis zum Nationalfeiertag 2015 erfolgen sollte. Meiner Forderung nach einer Zwischenlösung, die den vorläufigen Zustand der Krypta erklären und kontextualisieren sollte, wurde mit dem Aufstellen eines minimalistisch gehaltenen Rollups nachgekommen.

Der Herbst ist da – die Ausschreibung nicht. Auch die Finanzierungsfrage ist noch nicht geklärt. Ein neuer Nationalfeiertag wurde begangen, mit Messe, Kranzniederlegungen und einem Eintrag ins Goldene Buch der Krypta. Ein Kranz liegt wieder bei der Statue des Nazi-Sympathisanten Frass, das Rollup wurde in eine hintere Ecke verräumt (siehe Foto – Rollup ist mit Pfeil markiert), denn das wäre im wohl eine Störung gewesen. Die Krypta funktioniert wieder als Kranzabwurfstelle: Wem hier gedacht wird, in welchem Umfeld, scheint nebensächlich zu sein.

Ich habe dazu wieder eine Parlamentarische Anfrage (< file name="Anfrage-Krypta_2014" >) gemacht. Vielleicht gelingt ja diesmal eine wirkliche Zäsur in der Gedächtniskultur!

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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