29. Juni 2020

Unbarmherzig!

2020-06-29T09:58:59+02:0029.06.20, 9:47 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte|Tags: |

In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich unter dem Titel „Eine Schande!“ die österreichische Flüchtlingspolitik am Beispiel des Umgangs mit Kindern aus griechischen Lagern thematisiert. Falls der Link nicht funktioniert, hier zum Nachlesen:

Es gibt sie, die guten Nachrichten: Die Umsiedlung minderjähriger Flüchtlinge aus den griechischen Lagern wird fortgesetzt. Die Schweiz wird 29 Jugendliche aufnehmen. Portugal gewährt 25 Kindern Schutz und verspricht, insgesamt 500 weitere ins Land zu lassen. Auch Finnland beteiligt sich an der Aktion. Einige Länder hatten schon im Mai Flüchtlingskinder aufgenommen. Darunter auch die Schweiz, wo damals 23 Buben und fünf Mädchen im Alter zwischen zehn und 17 Jahren Hilfe fanden.

All das geht auf einen Plan der EU zurück. Demnach sollen rund 1600 jugendliche Flüchtlinge aus Griechenland in andere EU-Staaten gebracht werden. Sogar Nicht-EU-Staaten wie die Schweiz oder Großbritannien zeigen sich solidarisch.

Und Österreich? Die Regierung hat eine Beteiligung an der Umsiedlung strikt ausgeschlossen. Was ist mit der vielbeschworenen Solidarität? Was ist mit Empathie für Kinder in Not? Was ist mit Hilfe für die Schwächsten?

Vorbild Schweiz

Die Caritas erinnert daran, dass die Lager auf den Inseln Leros, Chios, Kos, Lesbos und Samos restlos überfüllt sind und die Flüchtlinge unter menschenunwürdigen, katastrophalen Bedingungen ausharren müssen. Besonders betroffen sind natürlich Kinder – zumal, wenn sie ihre Eltern verloren haben und auf sich allein gestellt sind.

Die bürgerlich-liberale „Neue Zürcher Zeitung“ kritisiert die Flüchtlingspolitik des eigenen Landes. Nicht etwa, weil die Schweiz Flüchtlinge aufnimmt, sondern weil es zu wenige sind. Es handle sich nur um einen „symbolische Akt“. In einem Kommentar des Blattes war am Wochenende zu lesen: „Die Schweiz sollte mehr Flüchtlinge von den griechischen Inseln aufnehmen. Dieser Appell ist längst kein linkes Minderheitsanliegen mehr.“

Österreich kann sich nicht einmal zu einem symbolischen Akt durchringen. Sebastian Kurz gefällt sich in der Rolle des Hardliners, der Grüne Regierungspartner nimmt das achselzuckend zur Kenntnis.

In den griechischen Flüchtlingslagern befinden sich derzeit laut Schätzungen rund 4000 Kinder und Jugendliche, die auf sich allein gestellt sind. Und Österreich soll nicht in der Lage sein, ein paar Duzend von ihnen aufzunehmen? Jenes Österreich, das sich ansonsten gerne auf seine humanitäre Tradition beruft?

Aus der Geschichte lernen

Die derzeitige Haltung Österreichs ist eine Schande für unser Land. Dabei wäre ein Blick in die eigene Geschichte hilfreich.

Am Wiener Westbahnhof steht das Denkmal „Für das Kind“. Die Inschrift lautet: „Gewidmet dem britischen Volk in tiefster Dankbarkeit. Sie haben die Leben von 10 000 jüdischen und nicht-jüdischen Kindern gerettet, die zwischen 1930 und 1939 vor der Verfolgung der Nazis nach Großbritannien fliehen konnten.“

Der Begriff „Denkmal“ kommt von „denken“. Vielleicht sollte auch unsere Regierung das Denkmal am Westbahnhof besuchen und nachdenken.

9. März 2020

Peinlich: Österreich und die Flüchtlinge

2020-03-09T13:58:40+01:0009.03.20, 11:50 |Kategorien: Gesellschaft, Integration|Tags: |

Es ist erschreckend, was derzeit an Hass und Gewalt zutage tritt. Auf den Ägäis-Inseln prügeln rechtsradikale Schläger Flüchtlinge krankenhausreif, Soldaten gehen an den türkischen Grenzen mit Tränengas und Waffengewalt gegen Schutzsuchende vor und die EU zeigt dafür sogar Verständnis. Bei uns sind Leserbriefseiten voll mit Angstmache und absurden Unterstellungen gegenüber Flüchtlingen. Die verbalen Hasskrieger werden immer lauter.

Kriegsrhetorik

Die Kurz-ÖVP segelt voll auf Linie des ehemaligen blauen Koalitionspartners. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verliert sich in Allgemeinplätzen und drückt sich trotz mehrmaliger Reporter-Nachfrage vor einem klaren Bekenntnis zu einer humanen Flüchtlingspolitik. Und die Grünen? Sie schlagen zwar andere Töne an, vom Durchsetzen der eigenen Position aber keine Spur. Man ergibt sich in das Koalitions-Schicksal.

Die FPÖ dreht wieder mal an der Eskalationsschraube: Ihr ehemaliger Innenminister Herbert Kickl spricht davon, „illegale Einwanderer“ würden alsbald Österreichs Grenze „attackieren“. Er fordert vorsorglich den Einsatz von Tränengas und „natürlich“ Waffeneinsatz gegen noch gar nicht vorhandene „Horden“ an unseren Grenzen. Kickl phantasiert eine Kriegssituation herbei, und kaum jemanden regt sich über diesen unsäglichen Sprachgebrauch auf. Das Gift des Hasses und der Angstmache ist mitten in unserer Gesellschaft.

Es gibt auch andere Stimmen. Bundespräsident Alexander Van der Bellen verlangt einen größeren Beitrag Österreichs zur Lösung der aktuellen Flüchtlingskrise. In Oberösterreich erklären 20 SPÖ-Bürgermeister bereit, Flüchtlinge aufnehmen. Der Grüne Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi will 200 bedrohte Menschen Unterkunft geben. Auch ÖVP-Bürgermeister wie Lustenaus Kurt Fischer sehen „Möglichkeiten für einen Beitrag zur Menschlichkeit“.

Was kann man tun?

Am wichtigsten ist natürlich, bedrohte Menschen aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich zu bringen. Das gab es schon von 2013 bis 2017: Damals hat Österreich syrische Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsgebiet zu uns geholt – mit Zustimmung des jetzigen Bundeskanzlers Sebastian Kurz, der heute völlig andere Töne anklingen lässt.

Hilfe vor Ort leistet am besten das UNHCR, das UNO-Flüchtlingskommissariat. Dafür braucht es Geld. Letzte Woche wurden die heurigen Beiträge der einzelnen Staaten veröffentlicht: Mit Österreich vergleichbare Länder wie Dänemark (83 Millionen US-Dollar), Schweden (82 Millionen) und die Niederlande (73 Millionen) zahlen kräftig.

Deutschland beteiligte sich mit 127 Millionen und stellt jetzt darüber hinaus zusätzliche 100 Millionen Euro für die Region Idlib zur Verfügung, Österreich will aus dem Katastrophenhilfsfonds drei Millionen bereitstellen. An das UNHCR zahlte Österreich übrigens – wie das Nachrichtenportal „dieSubstanz.at“ aufgedeckt hat – ganze 23. Nein, nicht 23 Millionen, ganze 23.000 Dollar.

Man geniert sich für unser Land.

 

24. Februar 2020

Österreichs Flüchtlingspolitik

2020-02-24T09:16:59+01:0024.02.20, 8:58 |Kategorien: Gesellschaft, Integration|Tags: , , |

In den „Vorarlberger Nachrichten“ habe ich Österreichs Positionierung zur EU-Mission „Sophia“ und zur Flüchtlingsthematik insgesamt kommentiert. Mein Resümee: eine Peinlichkeit!

Die EU-Mission „Sophia“ hat im Mittelmeer seit Juni 2015 knapp 50.000 Menschen vor dem Ertrinken gerettet. Zudem sollte sie den illegalen Waffenhandel überwachen. Nun musste sie beendet werden. Eine Verlängerung scheiterte vor allem an Österreich.

Warum sind Sebastian Kurz & Co. dagegen? Sie befürchten einen „Pull-Effekt“ und glauben, afrikanische Flüchtlinge machten sich deshalb auf den lebensgefährlichen Weg über das Mittelmeer, weil dort vereinzelt EU-Schiffe patrouillieren, die sie dann retten. Eine gewagte These, die – wie ORF-Journalist Andreas Pfeifer in erfreulicher Deutlichkeit feststellte – „faktisch falsch“ ist: Seit Beginn der „Mission Sophia“ ist die Zahl der Flüchtlinge deutlich gesunken.

Nur noch peinlich

Den Vertretern anderer Staaten blieb da nur peinlich berührtes Kopfschütteln, zumal Österreich zuerst sogar den Einsatz von Schiffen ablehnte. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn kommentierte sarkastisch: Man könne ja für die Überwachung im Mittelmeer eine „Radarstation auf dem Großglockner“ errichten.
Der nach Österreichs Veto letzte Woche beschlossene EU-Kompromiss schaut jetzt so aus, dass nur die Waffenlieferungen nach Libyen überwacht werden dürfen. Wenn auf dem Meer Flüchtlinge gesichtet werden, muss die Aktion abgebrochen werden. Außenminister Alexander Schallenberg wird im ORF so zitiert: Es darf keine humanitäre Rettungsaktion geben.

Scham für Österreichs internationale Positionierung löste auch ein anderes Ereignis aus. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz waren sich die Vertretungen anderer Staaten nämlich weitgehend darin einig, dass die „illiberale Demokratie“ in Ungarn, die Entwicklung in den USA oder die Bedrängung des Justizsystems durch die polnische Regierung den Westen unglaubwürdig machen. Kanzler Kurz hingegen stellte sich auf deren Seite.

Falsche Migrationspolitik

Als er dann den kanadischen Premierminister Justin Trudeau für die dessen Einwanderungspolitik lobte, wies dieser das Lob zurecht als „vergiftet“ zurück. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schrieb: „Trudeau konnte gar nicht deutlich genug machen, dass Kurz die kanadische Politik falsch darstelle.“ Kanada investiert nämlich massiv in die Ausbildung von Migranten, Österreich hingegen kürzt genau in diesem Bereich.

Unser Umgang mit Migration ist kontraproduktiv. Die UNO kritisierte zuletzt, dass es in Österreich Mängel in der Einbindung der Zivilgesellschaft gibt. Die Deutschförderung für Kinder und Jugendliche in der Schule ist mangelhaft. Es wird an allen Ecken und Enden gespart, was sich später rächt. Nach der Schule haben diese Jugendlichen dann Schwierigkeiten, sich auf eigene Beine zu stellen. Sie fehlen der Wirtschaft und fallen dem Staat zur Last, statt einen Beitrag leisten zu können.

Diese Flüchtlingspolitik im Inland ist dumm. Das Verhalten im Zusammenhang mit der „Mission Sophia“ aber treibt einem sogar die Schamesröte ins Gesicht.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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