18. Mai 2022

Wie hältst Du’s mit den Grünen?

2022-05-18T08:59:29+02:0018.05.22, 8:56 |Kategorien: Parteien|Tags: , , |

Der Kurier hat nachgefragt: Wie hältst Du’s mit der Grünen Position zu Landeshauptmann Wallner? Wie schaut die Performance der Grünen auf Bundesebene aus? Hier zum Nachlesen:

Von Raffaela Lindorfer

„Mein Vertrauen ist schwer erschüttert“

Harald Walser. Der Ex-Politiker geht vom Rücktritt Markus Wallners aus und befürchtet, dass Skandale beim Koalitionspartner auf die Grünen abfärben

Die Vorarlberger Grünen haben am Mittwoch beim Misstrauensantrag gegen Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) nicht mitgestimmt – und ihn damit vor der Abwahl bewahrt. Warum die Grünen angesichts von Korruptionsvorwürfen gegen den Koalitionspartner – in Bund und Land – nicht längst aufstehen, hat der KURIER mit Grün-Urgestein Harald Walser, selbst Vorarlberger, besprochen.

KURIER:Die Grünen halten dem Landeshauptmann weiter die Stange – können Sie das nachvollziehen?

Harald Walser: Ja, da gewinnt Realpolitik gegen das Herz. Beim Misstrauensantrag mitzugehen, hätte das Ende der Koalition bedeutet – und der Schaden für das Land wäre viel, viel größer gewesen.

Die Koalition im Ländle ist gerettet – zu welchem Preis?

Der Preis ist noch akzeptabel. Es gibt eine Reihe von Vorwürfen, teils berechtigt, teils steht Aussage gegen Aussage. Wenn es eine Anklage gegen Wallner gibt, schaut es aus meiner Sicht anders aus.

Die rote Linie ist erst bei Anklage überschritten? Hat eine Partei wie die Grünen nicht höhere Ansprüche?

Anstand, Sauberkeit – das hat bei uns Tradition, betrifft aber die eigenen Leute. Wie die anderen Parteien handeln, das ist deren Angelegenheit.

Wie bewerten Sie, dass der Landeshauptmann nach Publikwerden der Vorwürfe sein Diensthandy und sein Tablet austauschen ließ?

Das erweckt den Eindruck, dass da etwas faul ist. Mein Vertrauen als Staatsbürger in den Landeshauptmann ist schwer erschüttert. Aber in der politischen Abwägung ist das noch kein zwingender Rücktrittsgrund.

Glauben Sie, wird Wallner doch noch zurücktreten?

Der Druck ist enorm – wenn das so weitergeht, dann ist der Rücktritt unausweichlich. Das ist aber seine persönliche Entscheidung.

Wechseln wir auf die Bundesebene: Befürchten Sie, dass die Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP auf die Grünen abfärben?

Ja, leider. Die Grünen sind mit in der Ziehung, ohne einen eigenen Beitrag geleistet zu haben.

Warum stehen die Grünen dann nicht auf und gehen?

Ich muss den altmodischen Begriff der „politischen Verantwortung“ strapazieren: Es gibt keine Alternative zur grünen Regierungsbeteiligung. Schwarz-Rot hat jahrelangen Stillstand bedeutet, Schwarz-Blau war eine Schreckenskoalition. Schwarz-Grün bringt doch einiges weiter, und darum geht es in der Politik schlussendlich. Das macht die Situation erträglicher.

Es rechnet sich also noch?

Parteipolitisch vielleicht nicht: In Umfragen geht es für beide Parteien deutlich nach unten. Aber es rechnet sich für die Republik.

Ist das wirklich purer Altruismus – oder nicht auch die Lust an der Macht?

Das ist sicher auch ein Faktor. Die Regierungsbeteiligung ist etwas, das wir Grüne immer wollten. Wir tun das, weil wir unsere Ziele erreichen und Österreich weiterbringen wollen – bei Klimaschutz, bei der Korruptionsbekämpfung …

Und wie zufrieden sind Sie mit dem bisher Erreichten?

Es gab Anfangsschwierigkeiten, gerade die Probleme mit den Gesundheitsministern waren offenkundig. Die ÖVP war da mehr Koalitionsfeind als Koalitionspartner, sie hat bei Rudi Anschober von Anfang an hintertrieben. Die Verkehrs- und die Justizministerin (Leonore Gewessler und Alma Zadić; Anm.) machen einen sehr guten Job, sie sind echte Lichtblicke. In anderen Bereichen würde ich mir mehr wünschen.

Wo zum Beispiel?

Erstens sollte der Kampf gegen den Rechtsextremismus stärker im Fokus stehen. Zweitens war Bildung immer ein Schwerpunkt bei uns Grünen, das ist sie jetzt nicht mehr. Dabei ist das ein absolutes Zukunftsthema.

Sie sagten einmal, Sie wünschen sich eine „lautere Basis“. Was meinen Sie damit?

Wenn ich mir anschaue, wie es vor Jahrzehnten beim Bundeskongress zugegangen ist und was das jetzt für eine zahme Veranstaltung ist … Wir sind auf dem Weg zu einer stinknormalen Partei. Es dürfte durchaus mehr Diskussion und Kritik sein.

Welche Chancen würden Sie für die Grünen sehen, wenn Neuwahlen kämen?

Das ist unmöglich vorherzusagen. 2017 hatten wir im Frühjahr noch Höchstwerte in den Umfragen, im Herbst sind wir dann aus dem Nationalrat geflogen.

Für wie wahrscheinlich halten Sie Neuwahlen – auf einer Skala von 1 bis 10?

6 – aber weder die ÖVP noch die Grünen können momentan ein Interesse an Neuwahlen haben.

Wäre Werner Kogler dann der Richtige als Spitzenkandidat und Parteichef?

Das hängt davon ab, ob er noch Lust hat, die Partei zu führen. Wenn ja, dann spricht nichts dagegen.

11. Oktober 2021

Das System Kurz und die Grünen

2021-10-11T01:39:51+02:0011.10.21, 1:38 |Kategorien: Allgemein, Nationalrat|Tags: , , , |

Welche Folgen hat der sogenannte Rücktritt des ÖVP-Parteiobmannes Sebastian Kurz für Österreich? Das „System Kurz“ bleibt bestehen, eine illiberale Demokratie à la Viktor Orbán ist nicht vom Tisch. Schwierige Zeiten kommen da auf uns zu!

Unter dem Titel Das „System Kurz“ bleibt! habe ich in den Vorarlberger Nachrichten einen Kommentar dazu verfasst. Hier zum Nachlesen:

„Mein Land ist mir wichtiger als meine Person“, hat Sebastian Kurz am Samstag bei der Ankündigung seines Rücktritts gemeint. Alles gut? Bei weitem nicht! Der ÖVP-Obmann bleibt als Klubchef im von ihm verachteten Nationalrat an einer zentralen Machtstelle.

Er hat nur dem Druck der Grünen, der vernünftigen Kräfte in seiner eigenen Partei, des Bundepräsidenten und Teilen der Presse nachgegeben. Sogar der „Kurier“ hatte am Wochenende gefordert: „Ein neuer Kanzler muss her“, weil „Kurz als Regierungschef nicht mehr tragbar“ sei. Bemerkenswert, war der „Kurier“ doch neben den von Kurz üppig geförderten Wiener Krawallblättern bislang so etwas wie das bürgerlich-türkise Zentralorgan.

Rücktritt ohne Einsicht

„In der Hitze des Gefechts“ habe er vielleicht einmal eine unbedachte Äußerung von sich gegeben, reduzierte Kurz seinen notwendigen Schritt auf Bemerkungen in den berüchtigten Chats, in denen er etwa seinen Vorgänger Reinhold Mitterlehner als „A…“ bezeichnet hatte.

Damit allerdings verharmlost er, was dort als „System Kurz“ zutage getreten ist − und zwar keineswegs nur in einer angeblichen Stresssituation: Korrumpierung der Presse, Bestrafung von Menschen und Institutionen wie der katholischen Kirche, wenn sie es wagen, Kritik zu üben. „Bitte Vollgas geben“ schrieb er etwa, als die Kirche seine Flüchtlingspolitik kritisiert hatte und ihr daraufhin massive finanzielle Schlechterstellungen angekündigt wurden Wenn Sebastian Kurz agiert wie in den letzten Jahren, wird er künftig Rache nehmen an jenen, die in und außerhalb der ÖVP „untreu“ waren. Die Grünen werden sich in den nächsten Monaten warm anziehen müssen.

Seit Beginn der Koalition hat ihnen Kurz das Leben schwer gemacht − Stichworte Arbeitslosengeld, Moria, Abschiebung von Kindern, mickrige Ökosteuer … Jetzt wird es auf Kosten der betroffenen Menschen noch ungemütlicher werden. Die Partei ist gut beraten, selbstbewusster eigene Inhalte zu kommunizieren und sie in der Koalition auch vehementer einzufordern: Es ist Zeit, Flagge zu zeigen!

Und Österreich? Der neue Kanzler Alexander Schallenberg ist ein Kurz-Getreuer. Er hat schon in der Übergangsregierung unter Brigitte Bierlein darauf geachtet, dass die Dinge im Sinne des damals abgewählten Kanzlers weiterlaufen.

Für dringend notwendige Reformen in den Bereichen Klimaschutz, Bildung, bei Presseförderung oder in der Flüchtlingspolitik schaut es schlecht aus. Auch weitere Attacken auf die unabhängige Justiz und unsere liberale Demokratie sind zu befürchten. Kontinuität gibt es wohl auch in der EU-Politik, wo weiterhin eher nationalistische Länder wie Polen und Ungarn als Bündnispartner gesehen werden und nicht reformwillige Kräfte.

Das „System Kurz“ bleibt bestehen, eine illiberale Demokratie à la Viktor Orbán ist nicht vom Tisch. Schwierige Zeiten kommen da auf uns zu!

15. Mai 2021

Wie lange noch, Sebastian?

2021-05-15T08:38:49+02:0015.05.21, 8:37 |Kategorien: Allgemein, Nationalrat|Tags: , , |

Lang, lang ist’s her, dass die internationale Presse Sebastian Kurz als Sunnyboy aus Österreich hochleben ließ. Inzwischen bröckelt der Verputz.

Auf Einladung des „Standard“ habe ich einen „Kommentar der Anderen“ verfasst. Hier zum Nachlesen:  „Wie lange ist Kurz noch zu halten?“ 

Thema sind natürlich die Ermittlungen gegen den Bundeskanzler und die Frage, wie lange die Grünen diesem Treiben der ÖVP und ihres vermeintlichen Wunderwuzzis an der Parteispitze noch zusehen können. 

Die Entwicklungen in Österreich haben europaweit für Aufsehen gesorgt. Die konservativ-liberale „Neue Zürcher Zeitung“ spricht in Bezug auf die Vorgangsweise von Kurz von einem „Politikstil mit Verfallsdatum“, in den wenigen noch unabhängigen ungarischen Medien schaut man neidisch auf Österreich. „So geht Rechtsstaat“, titelt etwa „Aonnali“. Im gegensatz dazu sieht die „Süddeutsche Zeitung“  die Entwicklung in Österreich und der einst staatstragenden ÖVP sehr kritisch: „Aber der Feldzug der ÖVP, ihre Missachtung von Institutionen und ihre Selbstermächtigung im Umgang mit dem Gesetz zeitigt Folgen. Kurz hat seine Partei entkernt, entmachtet, zur Claque degradiert.“ 

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

Hier erfahren sie mehr…

Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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