28. Februar 2024

Eskaliert der Ukraine-Konflikt?

2024-02-29T14:48:25+01:0028.02.24, 19:00 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , , |

Unfassbar, was für Aussagen in Sachen Ukrainekrieg zuletzt zu hören waren. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zieht gar eine Eskalation und den Einsatz europäischer Soldaten in der Ukraine in Betracht. Dieses Spiel mit dem Feuer ist skandalös. Jetzt rächt sich, dass in den vergangenen zwei Jahren kaum Gedanken darüber verschwendet wurden, wie man das Töten beenden kann. Jeder Gedanke dazu wurde umgehend als„Putin-Versteherei“ diskreditiert. Unter dem Titel „Diplomatie vonnöten“ habe ich das in einem Kommentar in den Vorarlberger Nachrichten thematisiert. Hier zum Nachlesen:

Die amerikanische Regierung, die UNO, die EU – sie alle mahnten Israel in den letzten Wochen angesichts der vielen Opfer im Gazastreifen zur Mäßigung. Dabei ist unbestritten, dass die Terrororganisation Hamas mit ihrem barbarischen Angriff den Konflikt ausgelöst hat. Die militärische Antwort empfinden sogar viele in Israel und der engste Verbündete USA als unverhältnismäßig. Gefordert werden Verhandlungen über einen Waffenstillstand.

Tote über Tote

Anders ist derzeit noch die Situation in der Ukraine. Wie viele Tote die russische Aggression bislang gefordert hat, ist unbekannt. Die kolportierten Zahlen gehen weit auseinander, es sind aber jedenfalls Hunderttausende.
Auch hier ist die Schuldfrage eindeutig. Sind aber deshalb Forderungen nach einem Waffenstillstand nicht statthaft? Würden sie Putins Aggression automatisch rechtfertigen? So sehen das offensichtlich viele, denn im Gegensatz zum israelisch-palästinensischen Konflikt fehlen Zurufe aus dem Westen, zumindest für einige Zeit einen Waffenstillstand anzustreben.

Eine der wenigen Stimmen kommt von Vorarlbergs Militärkommandant Gunther Hessel. Er hat am Samstag im VN-Interview gemeint, er sei angesichts der militärischen Pattsituation für Verhandlungen über einen Waffenstillstand: Die Diplomatie müsse „im Hintergrund Druck ausüben“.

In den bekanntlich immer unsozialer werdenden „sozialen Medien“ ging es daraufhin rund: „Naivität“ und „armselige Argumentation“ waren die harmlosesten Vorwürfe, auch von einem „Büttel Putins“ war da die Rede. Ein „Büttel“, wer das Sterben beenden will?

Es ist verstörend, dass in Deutschland ausgerechnet die Grünen als einstige Friedenspartei vehement immer mehr und immer gefährlichere Waffen in einen Krieg schicken wollen, der gegen die Atommacht Russland nicht zu gewinnen ist. Früher hieß es einmal „Frieden schaffen ohne Waffen“. Jetzt soll anscheinend die Ukraine einen Stellvertreterkrieg für „den Westen“ führen – und blutet dabei aus.

Stimme aus der Ukraine

Was bei uns in der Debatte tabuisiert wird, sagt Andrij Melnyk unverblümt. Dabei ist der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland zu Beginn des Krieges als Scharfmacher aufgefallen: „Mir ist es gelungen, die Berliner Politik aus ihrer Lethargie zu holen.“ Im Interview mit dem „Tagesspiegel“ meint er: „Nach meiner persönlichen Überzeugung wäre es klug, wenn unsere Verbündeten diskret in Moskau ausloten könnten, ob echte Kompromissbereitschaft besteht.“

Am Montag hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Entsendung westlicher Soldaten in die Ukraine nicht mehr ausgeschlossen. Zurecht zeigte sich daraufhin Bundeskanzler Karl Nehammer besorgt und auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz schließt dies zum Glück kategorisch aus. Europa hat die Wahl zwischen Diplomatie und Eskalation. Letzteres bis zum globalen Krieg, der uns an den Rand der Vernichtung bringen könnte? Jetzt braucht es besonnene Politik und keine Kriegstreiberei!

20. Juni 2022

Soll die Ukraine jetzt in die EU?

2022-06-20T10:10:29+02:0020.06.22, 10:06 |Kategorien: Allgemein|Tags: , , |

Ist Ursula von der Leyen noch zu helfen? Die Präsidentin der EU-Kommission taumelt in der EU-Außenpolitik nur so dahin. Und die mächtigstens Staatschefs der Union unterstützen sie dabei oft sogar. Den Schaden haben wir alle. Sichtbar wird das derzeit vor allem in der Frage, ob die Ukraine rasch in die EU aufgenommen werden soll. Mein Kommentar dazu in den Vorarlberger Nachrichten unter dem Titel „Ukraine in die EU?“. Hier zum Nachlesen:

Mit Olaf Scholz und Emmanuel Macron haben sich am Wochenende zwei der mächtigsten Männer Europas dafür stark gemacht, der Ukraine und Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten zuzusprechen. Insgesamt stehen sieben weitere Staaten ante portas.

Der völkerrechtswidrige russische Krieg gegen die Ukraine hat in Europa zu einer ungeheuren Sympathie-Welle für das angegriffene Land geführt. In einem Kommentar im „Standard“ meinte am Samstag der Osteuropa-Experte Wolfgang Mueller: „Wenn Österreich die EU, die Demokratie und den Westbalkan stärken will, ist dem mit einem klaren Bekenntnis zum Kandidatenstatus der Ukraine am besten gedient.“

Problematische Verfassung

Das stimmt wohl nur zum Teil. Dass weitere Beitritte osteuropäischer Staaten die EU stärken, ist mehr als nur fraglich. Das liegt vor allem – aber nicht nur – an der EU selbst. Die derzeitige Verfassung der Staatengemeinschaft und die ausgeprägten Veto-Rechte der Mitglieder bringen die Gemeinschaft nämlich schon derzeit in arge Bedrängnis.

Vor allem Ungarn und Polen verhindern oder verzögern bei jeder Gelegenheit notwendige Entscheidungen. Die Aufnahme neuer Mitglieder könnte zu einer weiteren Lähmung der EU-Institutionen führen. Die Verfassung der Gemeinschaft provoziert das geradezu, denn etwa im Bereich der Außenpolitik gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Die Ukraine wäre künftig eines der größten Länder in der Gemeinschaft und brächte all seine außenpolitischen Probleme mit Russland, aber auch die massiven innenpolitischen mit.

In der derzeitigen Situation ist der von Macron entlehnte Vorschlag von Bundeskanzler Karl Nehammer, für die Ukraine einen „Vorbereitungsraum“ einzurichten, wohl der vernünftigste. Er stößt das Land nicht vor den Kopf und lässt gleichzeitig Putin nicht triumphieren.
„Politik der Gefühle“

In einer wunderbaren Analyse der österreichischen Innenpolitik („Politik der Gefühle“) hat der Schriftsteller Josef Haslinger einst beschrieben, welche irrationalen Faktoren Menschen zu problematischen Wahlentscheidungen veranlassen. Haslingers Analyse hat über unsere Landesgrenzen hinaus Gültigkeit.

Politikerinnen und Politiker sollten eigentlich nicht anfällig sein für Gefühlsentscheidungen. Immerhin bestimmen sie oft auf Jahrzehnte hinaus, wie sich ihre Staaten oder eben die EU entwickelt. Wollen wir eine starke und handlungsfähige Gemeinschaft, die in der Lage ist, auch außenpolitisch die Verwirklichung jener Werte zu sichern, die wir die „europäischen“ nennen?

Dann sollten wir uns wohl Gedanken darüber machen, wie die EU weiterentwickelt werden kann und ob am Ende nicht die föderalistisch aufgebauten „Vereinigten Staaten von Europa“ stehen müssen, die zumindest eine gemeinsamen Außen- und Verteidigungspolitik betreiben, ohne dass einzelne Staaten ständig die Veto-Keule schwingen. Erst dann ist die EU reif für weitere Beitritte.

14. März 2022

Wie weiter in der Ukraine?

2022-03-14T12:08:12+01:0014.03.22, 12:08 |Kategorien: Geschichte und Rechtsextremismus|Tags: , |

Wie kann eine Exit-Strategie aus dem Ukraine-Krieg ausschauen? Darüber wird in den kommenden Tagen und Wochen hoffentlich intensiv nachgedacht werden. Was besonders Angst macht: Mit Putin ist eine Nachkriegsordnung nicht vorstellbar, aber er sitzt – so macht es jedenfalls den Eindruck – fest im Sattel. Was aus meiner Sicht dennoch wichtig ist: Russland ist nicht Putin! Unter dem Titel „Desaster im Osten“ habe ich zu diesem Problem Stellung bezogen. Hier zum Nachlesen:

Der verbrecherische Angriff der Truppen Wladimir Putins auf die Ukraine ist ein Zivilisationsbruch, der uns erschauern lässt und zum Nachdenken führen muss. Das betrifft einerseits unsere Sicherheit, die deutlich fragiler ist, als wir geglaubt haben. Nachdenken müssen die Verantwortlichen in Ost und West aber vor allem darüber, wie eine halbwegs stabile Ordnung künftig ausschauen kann.

Aus Geschichte lernen

Kann man aus der Geschichte lernen? Man kann! Nach dem 1. Weltkrieg waren die Erwartungen groß, man kündigte ein Ende der Geheimdiplomatie und den Abbau von Handelsschranken an, versprach globale Abrüstung, nationale Selbstbestimmung und mit dem Völkerbund dauerhaften Frieden.

Das Ergebnis ist bekannt: Die als Demütigung empfundenen Friedensverträge schufen vor allem in Deutschland den Nährboden für den Nationalsozialismus und waren Mitursache für den 2. Weltkrieg. Vor allem die USA zogen ihre Lehren daraus: Nach dem 2. Weltkrieg unterblieb eine weitere Demütigung Deutschlands. Ganz im Gegenteil. Mit dem „Marshallplan“ wurde nicht nur die Grundlage für das deutsche Wirtschaftswunder gelegt, sondern ganz Westeuropas geholfen − Österreich profitierte übrigens am stärksten.

Russland nicht isolieren

Die Nachkriegsordnung war für Europa allerdings schmerzlich. Bis zum Fall des Eisernen Vorhangs blieb der Kontinent geteilt. Ab 1989 tat sich eine riesengroße Chance für ein friedliches Zusammenleben auf.

Der ehemaligen Weltmacht Russland wurde viel versprochen. Im Ringen um die deutsche Einheit forderte der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher, „was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine Ausdehnung des Nato-Territoriums nach Osten, das heißt, näher an die Grenzen der Sowjetunion heran, wird es nicht geben“. Nicht einmal auf dem Gebiet der ehemaligen DDR wolle man NATO-Truppen stationieren. Der US-Außenminister James Baker übernahm diese Position, nichts davon wurde allerdings in verbindlichen Verträgen festgehalten.

Im Gegenteil: Heute steht die NATO in den baltischen Staaten und somit direkt an der russischen Grenze, und die Bemühungen der Ukraine um einen NATO-Beitritt sind hinlänglich bekannt. Die russischen Präsidenten – von Michael Gorbatschow über Boris Jelzin bis zu Wladimir Putin − haben dem fast widerspruchslos zugesehen. Noch im Jahr 2000 meinte Putin: „Ich kann mir die NATO nur schwerlich als einen Feind vorstellen.“ Damals stand noch eine politische und unter Umständen sogar militärische Integration Russlands in die westlichen Bündnisse im Raum. Heute ist die Sachlage anders.

Mit dieser Situation müssen die Verantwortlichen umgehen. Das ist schwierig genug, zumal sich Russland durch den Angriff auf die Ukraine selbst isoliert hat. Wir können nur hoffen, dass eine (weitere) Demütigung Russlands wie 1919 in Versailles für Deutschland unterbleibt. Mit Putin allerdings ist eine neue Friedenordnung nicht vorstellbar.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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