13. Januar 2020

Nein zum Notenzwang!

2020-01-13T14:18:15+01:0013.01.20, 14:16 |Kategorien: Bildung|Tags: , |

Unter diesem Titel habe ich in meiner Kolumne in den „Vorarlberger Nachrichten“ ein Plädoyer gehalten für eine Rückkehr zur schulautonomen Entscheidung Für oder Wider die Ziffernnote. Hier mein Text:

Sehr gut! Der Lustenauer Verein „Gemeinsam Zukunft Lernen“ hat eine Petition unter dem Titel „Nein zum Notenzwang“ gestartet und fordert, dass an den Volksschulen eine alternative Leistungsbeurteilung möglich sein soll.

Derzeit ist das nicht so, weil die türkis-blauen Regierung die Rückkehr zur verpflichtenden Ziffernnote beschlossen hatte und diese pädagogisch widersinnige Regelung auch unter Türkis-Grün nicht rückgängig gemacht wird. Versprochen wurde damals eine angebliche „Notenwahrheit“. Die wäre ja zu begrüßen, aber Ziffernnote und „Notenwahrheit“ sind leider sehr weit voneinander entfernt.

Ungerechte Noten

Das haben sowohl die vielen praktischen Feldversuche als auch nationale und internationale Testungen mehrfach unter Beweis gestellt. Leistungen von Kindern und Jugendlichen in den einzelnen Fächern werden nämlich von den Lehrkräften sehr unterschiedlich bewertet. Selbst in Mathematik reicht das Benotungsspektrum für dieselbe Arbeit von „Sehr gut“ bis „Nicht genügend“.

In der vierten Klasse Volksschule haben 20 Prozent der Kinder mit einem „Sehr gut“ in Deutsch die gleichen Testleistungen (!) wie die besten Kinder mit „Nicht genügend“. Beurteilungsgerechtigkeit bei „benachbarten“ Noten ist noch schwerer auszumachen. Das belegt die internationale PIRLS-Studie.

Lehrkräfte haben ausreichend Erfahrung mit alternativen Leistungsbeurteilungen: verbale Beurteilungsformen, Eltern-Kind-Gespräche oder Pensenbücher sind Beispiele dafür. Das alles hat sich seit Jahrzehnten in 2000 Schulversuchen bei insgesamt 3000 Volksschulen bewährt.

Gut für welche Kinder?

Wem helfen Ziffernnoten eigentlich? Ein in einem Fach mit „Gut“ bewertetes und begabtes Kind aus einer Akademikerfamilie beispielsweise blieb eventuell weit unter seinen Möglichkeiten und hat wenig Fleiß und Engagement gezeigt. Verdient es daher wirklich eine bessere Note als das mit „Befriedigend“ benotete Kind aus einer bildungsfernen Familie, das sich die Note mit viel Fleiß und Einsatz erkämpft hat?

Künftig kann dieses „Befriedigend“ in der dritten Klasse den Übertritt in eine AHS verhindern, obwohl das Kind großes Entwicklungspotenzial aufweist. Akademikerkinder haben sogar bei gleicher (!) Lesekompetenz eine doppelt so hohe Chance auf ein „Sehr gut“ im Zeugnis wie Kinder aus bildungsfernen Schichten.

Das verstärkt die Ungerechtigkeit unseres Schulsystems. Seit über 40 Jahren rügt uns die OECD zurecht, weil durch die zu frühe Trennung der Kinder mit neuneinhalb Jahren Bildung viel stärker als in anderen Ländern „vererbt“ wird.

Wer wirklich für hohe pädagogische Qualität ist, mehr Leistung fordert und Gerechtigkeit will, ist gegen die ungerechte Ziffernnote. Der im Internet leicht zu findenden Lustenauer Initiative ist daher viel Erfolg zu wünschen!

15. November 2016

Wiedereinführung der Ziffernnote an Volksschulen

2016-11-15T16:23:18+01:0015.11.16, 7:57 |Kategorien: Bildung|Tags: , , , |

DenkerEs ist verrückt und ein pädagogischer Schildbürgerstreich, dass man im Frühjahr 2016 das Aus für die Ziffernnote in den ersten drei Klassen der Volksschule verkündet und diese jetzt im Herbst durch die Hintertür verpflichtend wieder einführt.

Man kann nur den Kopf schütteln über eine Verordnung des Bildungsministeriums zur Leistungsbeurteilung: Sie sieht vor, dass die bisherigen fünf Ziffernnoten durch vorgefertigte Formulierungen ersetzt werden, was nun selbst jene Schulen an die Kandare nimmt, die bislang an einem der 2.000 Schulversuche für alternative Leistungsbeurteilungen beteiligt waren. An vielen Volksschul-Standorten herrscht Empörung, andere sind sich angesichts der Bürokraten-Sprache noch gar nicht bewusst, was da auf sie zukommt.

Viele Lehrkräfte an den Volksschulen haben ausreichend Erfahrung mit alternativen Leistungsbeurteilungen. Ich verweise auf die vielen Varianten von verbalen Beurteilungen und Eltern-Kind-Gesprächen über Pensenbüchern bis hin zu anderen Formen der Lernfortschrittsdokumentation. Das ist erprobt und hat an den Standorten zur Zufriedenheit von Lehrkräften und Eltern funktioniert. Die verpflichtende Einführung von Beurteilungsstufen, wie in der Verordnung vorgesehen, steht dieser sinnvollen Entwicklung entgegen.

Ich verweise auch darauf, dass zahlreiche Studien einen nur sehr geringen Zusammenhang zwischen den objektiv erfassten Lernleistungen der Kinder und ihren Noten belegen („Schulnoten sind ungerecht!“): Das ist aus großflächigen Untersuchungen in Österreich belegt. Was in der einen Klasse noch zu einem „Sehr gut“ reicht, kann in einer anderen zu einem „Genügend“ führen. Viele Lehrkräfte haben daher mit Erfolg Gegenvorschläge zur Ziffernnote umgesetzt.

Ich habe die Ministerin daher aufgefordert, diese unsinnige und kontraproduktive Verordnung zurückzunehmen. Sie entspricht nicht den im Frühjahr gemachten Versprechungen und macht viele Fortschritte an Schulen in den letzten Jahrzehnten zunichte. Von Schulautonomie zu sprechen und solche Verordnungen zu erlassen, demotiviert alle am Schulgeschehen beteiligten. Und betroffene Volksschulen haben eine Petition an Ministerin Hammerschmid gestartet, zu deren Unterstützung ich Sie einlade: Petition: Eine alternative Leistungsbeschreibung braucht keine Ziffernnoten!

Update 15.11.: Das Bildungsministerium hat die Verordnung heute zurückgezogen. Bleibt die Frage, wie es zu diesem Schildbürgerstreich überhaupt kommen konnte. Eine Ursachenforschung wäre angebracht.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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