17. Mai 2021

Österreich darf nicht Orbánistan werden!

2021-05-17T09:35:40+02:0017.05.21, 9:35 |Kategorien: Allgemein|Tags: , |

Derzeit beschäftigt sich der türkise Teil der Bundesregierung vor allem mit Anzeigen, Hausdurchsuchungen, der Staatsanwaltschaft, dem Untersuchungsausschuss und anderen unerfreulichen Dinge. Unter dem fragenden Titel „Orbánistan ante portas?“ habe ich in den „Vorarlberger Nachrichten“ in einem Kommentar zur Entwicklung der ÖVP Stellung bezogen. Ist sie inzwischen wirklich immer noch eine „bürgerliche Partei“?
Schon am Samstag habe ich auf Einladung des „Standard“ einen „Kommentar der Anderen“ verfasst: „Wie lange ist Kurz noch zu halten?“ 

Der VN-Kommentar hier zum Nachlesen:

Früher einmal waren die „Schwarzen“ eine Partei, die sich mit dem Attribut „bürgerlich“ schmückte. „Bürgerlich“ im Sinne von Besonnenheit im Auftreten, Respekt vor den Institutionen des Staates, Fleiß und Bildung und nicht zuletzt: Manieren.

Und heute? Der Untersuchungsausschuss hat penibel aufgedeckt, wie die türkise Günstlingswirtschaft in den letzten Jahren funktioniert hat, welch schmutzige Deals mit dem früheren Koalitionspartner ausgeheckt und zum Schaden der Republik durchgezogen wurden. Achtung vor dem Rechtsstaat? Mitnichten. Bislang war es unverstellbar, dass sich ein österreichischer Bundeskanzler vor Gericht verantworten muss. Doch Sebastian Kurz geht gleich einen Schritt weiter: Nicht einmal in einer Verurteilung − so der junge Kanzler im ZiB2-Interview mit Armin Wolf − sähe er einen Grund zum Rücktritt.

Peinliche Reaktionen

Die ÖVP-Landeshauptleute haben ihren Bundesparteiobmann vor vier Jahren mit fast unbeschränkter Allmacht ausgestatte. Folgerichtig hört man von ihnen jetzt nur peinliche Ergebenheitsadressen: Sebastian forever, was immer da kommen möge, was immer er angestellt habe.

Die mit viel Steuergeld gefütterten Wiener Boulevard-Medien legen noch eins drauf. Negativer Höhepunkt in der „Kronenzeitung“: Sebastian Kurz werde „nicht zurücktreten. Weil er dieses sein Land liebt. Und zu seiner Verantwortung steht.“

Trifft das eine Stimmung im Land? Es ist zu befürchten, dass nicht wenige der von Kurz geschickt gestrickten Erzählung folgen, er sei ein „Opfer“. Ein Opfer der Opposition − er nennt nur SPÖ und Neos und nicht die FPÖ −, ein Opfer der Medien. Fehlt nur noch Tal Silberstein in der Aufzählung.

Klarsichtiger das Ausland

Unaufgeregter reagierten naturgemäß die Medien im Ausland. In der „Süddeutsche Zeitung“ war zu lesen, „der Feldzug der ÖVP, ihre Missachtung von Institutionen und ihre Selbstermächtigung im Umgang mit dem Gesetz zeitigt Folgen. Kurz hat seine Partei entkernt, entmachtet, zur Claque degradiert.“

Die konservativ-liberale „Neue Zürcher Zeitung“ schrieb, es handle sich bei der Vorgangsweise des Bundeskanzlers um einen „Politikstil mit Verfallsdatum“, er habe „Mitstreiter um sich geschart, die … einen eher zwielichtigen Eindruck“ machten. Und selbst die durch und durch konservative „Frankfurter Allgemein Zeitung“ findet, dass Kurz speziell in dieser Krise nicht mehr „überzeugt“.

Aus der ÖVP gab es immerhin eine − eine (!) − Stimme, die das Problem auf den Punkt gebracht hat. Ex-Parteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner meinte: Es fehle Kurz „an Respekt gegenüber demokratischen und rechtlichen Institutionen“. Er empfiehlt ihm, das Amt ruhen zu lassen.

Mitterlehner meint es gut mit der ÖVP und mit Österreich, denn der von Kurz eingeschlagene Weg gleicht dem seines ungarischen Freundes. Und „Orbánistan“ sollte eigentlich eine Warnung für alle Demokratinnen und Demokraten sein.

15. Mai 2021

Wie lange noch, Sebastian?

2021-05-15T08:38:49+02:0015.05.21, 8:37 |Kategorien: Allgemein, Nationalrat|Tags: , , |

Lang, lang ist’s her, dass die internationale Presse Sebastian Kurz als Sunnyboy aus Österreich hochleben ließ. Inzwischen bröckelt der Verputz.

Auf Einladung des „Standard“ habe ich einen „Kommentar der Anderen“ verfasst. Hier zum Nachlesen:  „Wie lange ist Kurz noch zu halten?“ 

Thema sind natürlich die Ermittlungen gegen den Bundeskanzler und die Frage, wie lange die Grünen diesem Treiben der ÖVP und ihres vermeintlichen Wunderwuzzis an der Parteispitze noch zusehen können. 

Die Entwicklungen in Österreich haben europaweit für Aufsehen gesorgt. Die konservativ-liberale „Neue Zürcher Zeitung“ spricht in Bezug auf die Vorgangsweise von Kurz von einem „Politikstil mit Verfallsdatum“, in den wenigen noch unabhängigen ungarischen Medien schaut man neidisch auf Österreich. „So geht Rechtsstaat“, titelt etwa „Aonnali“. Im gegensatz dazu sieht die „Süddeutsche Zeitung“  die Entwicklung in Österreich und der einst staatstragenden ÖVP sehr kritisch: „Aber der Feldzug der ÖVP, ihre Missachtung von Institutionen und ihre Selbstermächtigung im Umgang mit dem Gesetz zeitigt Folgen. Kurz hat seine Partei entkernt, entmachtet, zur Claque degradiert.“ 

5. Oktober 2020

Driftet die türkise ÖVP ab?

2020-10-05T09:25:27+02:0005.10.20, 9:23 |Kategorien: Gesellschaft, Menschenrechte, Parteien|Tags: , , |

Türschild ÖVP neu

Sebastian Kurz hat der ÖVP in den letzten drei Jahren einen strammen Rechtskurs verordnet und ihn mit der FPÖ in der Regierung beinhart umgesetzt. Mit den Grünen wurde das schwierig, denn irgendwann ist Schluss mit „geschluckten Kröten“.

In einem Kommentar in den „Vorarlberger Nachrichten“ bin ich unter dem Titel „Wo ist politisch die Mitte?“ auf die zunehmend schwieriger werdende Situation eingegangen. Hier zum Nachlesen:

Für eingefleischte „Schwarze“ war der Verlust des Bürgermeister-Sessels in Bregenz vor einer Woche ein schwer verdaulicher Tiefschlag.

Hat das überregionale Bedeutung? Büßte Markus Linhart gar für die rechtslastige Politik der Bundes-ÖVP?

Der Politologe Peter Filzmaier jedenfalls sieht in der Bregenzer Wahl ein Symptom für einen Trend: Die türkise ÖVP gewinnt zwar im ländlichen Bereich Stimmen dazu, das bürgerlich-liberale Klientel in den Städten aber gehe verloren – das gelte speziell bei jüngeren Menschen.

Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel sprechen von einer „anständigen Mitte-Rechts-Politik“. Was verstehen sie darunter? Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer und hochrangiger ÖVP-Funktionär, zeigte sich im „Falter“-Interview von dieser Aussage „geschockt“. Er verlangt von seiner Partei eine weltoffene Politik und vermisst die humanitäre Komponente.

„Kanzler ohne Milde“

Falter-Herausgeber Armin Thurnher nennt Sebastian Kurz den „Kanzler ohne Milde“ – eine Anspielung auf den ehemaligen Bundeskanzler Ignaz Seipel. Sogar der Wiener Boulevard zeigte sich zuletzt Kurz-kritisch. Die „Kronen-Zeitung“ spricht von einem „eiskalten Kanzler“ und „kalten Propagandisten der Emotionslosigkeit“. Der ÖVP-Chef wird daran erinnert, dass auch seine Großmutter am Ende des Zweiten Weltkriegs als Flüchtling nach Österreich kam und seine Familie in den 1990er-Jahren Flüchtlinge aus Jugoslawien aufgenommen hat.

Sogar der deutsche Innenminister Horst Seehofer und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder – beide stramm rechtskonservativ – schütteln den Kopf, wenn sie auf die österreichische Flüchtlingspolitik angesprochen werden. Sie verlangen ausgerechnet von den Grünen, auf Kurz einzuwirken. Ironie der Geschichte?

Wie auch immer: Die Forderung trifft sicher eine wunde Stelle des kleinen Koalitionspartners: Für die Grünen wird die Haltung des Kanzlers nämlich zunehmend zum Problem. Zumal sie von Sebastian Kurz noch weitere dicke Kröten serviert bekommen: Die Fortsetzung der jahrzehntelangen Reformverweigerung im Bildungsbereich, die steuerliche Verschonung einer ganz kleinen Gruppe von Superreichen oder die inakzeptable Vorsitzführung durch Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka im Untersuchungsausschuss kann die Grüne Klientel auf Dauer nicht akzeptieren.

Eine neue „Mitte“?

Man darf gespannt sein, ob sich die Einschätzung Filzmaiers bei der Wien-Wahl bestätigen wird: Verschiebt sich die „Mitte“ weiter nach rechts? Erreichen ÖVP, FPÖ und die Strache-Partei jene über 40 Prozent vom letzten Urnengang im Jahr 2015? Oder gar mehr? Ist die ÖVP zu weit nach rechts abgebogen und bleibt unter den hochgesteckten Erwartungen? Profitieren davon die Neos? Oder SPÖ und Grüne?

Eines ist klar: Im Gegensatz zu Bregenz hat die Wiener Wahl am kommenden Sonntag ganz sicher überregionale Bedeutung.

Wofür ich stehe?

Ich stehe für soziale Gerechtigkeit, bessere Schulen, Klimaschutz, Antirassismus, Integration, Grundrechte und Tierschutz.

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Meine Arbeit

Hier veröffentliche politische Kommentare. Sie erfahren auch alles über meine Arbeit aus meiner Zeit im Nationalrat (2008-2017): Reden, Anträge und Ausschussarbeit.


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